Emotionale Intelligenz

Wir wissen schon lange, wie wichtig Freunde sind. Ohne jemanden, mit dem man richtig reden kann und der mit einem die schwierigsten Situationen durchsteht, ist es schwer. Ohne jemanden zu haben, der uns liebt und mit dem man eine tiefe Beziehung hat, kann man fast nicht leben. Wie wichtig Beziehungen wirklich sind, wird durch die Neurowissenschaften noch einmal eindrücklich belegt und zeigt einmal mehr, dass ein gutes Klima am Arbeitsplatz die Performance unglaublich beeinflusst.

Beziehungsprobleme bereiten echte Schmerzen

Die interessantesten Experimente in diesem Bereich, wurden von Herrn Liebermann durchgeführt. Er hat untersucht, wie sich Probleme in Beziehungen von physischen Schmerzen unterscheiden. Dazu legte er Probanden in den Kernspintomographen und zeigte Ihnen einen Film, in dem sich Menschen Bälle zuwarfen. Einer der Menschen war der Repräsentant des Probanden. Auf einmal hörten die anderen Mitspieler auf, den Ball zum Probanden zu werden. Er wurde ausgeschlossen. Und obwohl dies nur eine Computersimulation war, konnte man eine hohe Aktivität im Schmerzzentrum sehen. Im gleichen Zentrum, das auch aktiv ist, wenn man sich ein Bein oder einen Finger bricht, oder wenn man sich den Arm verstaucht. Ob Sie Liebeskummer haben oder sich ein Bein brechen, die Schmerzen sind für Sie identisch.

Noch weitaus interessanter ist, wie Schmerzen von Partnern empfunden werden, wenn sich der andere Partner einmal verletzt. Selbst wir fühlen ja schon Schmerzen, wenn wir ein Kind sehen, dass sich verletzt. Untersucht man aber das Schmerzempfinden eines Menschen, dessen Partner gerade schmerzhafte Elektroschocks bekommt, dann sieht man, dass auch der eine hohe Aktivität im Schmerzzentrum aufweist. Er leidet mit. Und so bestätigt die Hirnforschung den Volksmund „Geteiltes Leid ist halbes Leid“.

Beziehungen machen glücklich

Wir haben aber nicht nur Schmerzen mit unseren sozialen Beziehungen. Sie können uns auch überaus glücklich machen. Das passiert deshalb, weil bei der Erfüllung von sozialen Erwartungen auch unser Belohnungs-System anspringt. Werden unseren Hoffnungen auf einen schönen Abend vom Partner erfüllt, dann schüttet unser Hirn kräftig Endorphine aus, die uns glücklich machen. Aber auch wenn Studenten im Experiment Briefe von Verwandten vorgelesen werden, in denen ihre Stärken und Eigenschaften beschrieben werden, ist die Freude groß. Und sogar wenn Fremde einem etwas Nettes sagen, belohnt uns unser Hirn.

Wir haben ein großes Bedürfnis nach Beziehungen. Das ist ein Grundbedürfnis. Jeder will gerne gute Beziehungen haben. Aber jeder lernt im Laufe des Lebens, was es bedeutet, gute Beziehungen zu haben. Und das ist für alle unterschiedlich. Der eine glaubt, das gute Beziehungen davon geprägt sind alles gemeinsam zu tun. Der andere denkt, das man auf den anderen Rücksicht nimmt und wieder ein andere, dass Beziehungen darauf basieren, dass man den anderen so nimmt wie er ist. Und weil jeder seine eigene Vorstellung hat, sind Beziehungen häufig so schwer. Viele Menschen kapseln sich deshalb ab, sind distanziert und versuchen gerade auf der Arbeit Emotionen und Beziehungen zu vermeiden. Als emotional intelligent bezeichnen wir Leute, die solide und stabile Beziehungen eingehen können. Menschen die empathisch sind und mit anderen mitfühlen können. Daniel Goleman hat gezeigt, das wir dazu ein hohes Maß an Selbsterkenntnis und Bewusstsein über die eigenen Emotionen haben müssen. So beinhaltet emotionale Intelligenz ein Bewusstsein über die eigenen Emotionen, die Emotionen und Gefühle anderer Menschen und der konstruktive Umgang damit.

Emotionale Intelligenz

Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, das Intelligenz etwas anderes ist als emotionale Intelligenz. Sie sind sogar an unterschiedlichen Stellen im Kopf lokalisiert. Während die Intelligenz eher an der Peripherie des präfrontalen Kortex lokalisiert ist, zeigt die emotionale Intelligenz hohe Aktivität im mittleren Bereich. Ein hoher IQ lässt also nicht darauf schließen, das so jemand auch gute Beziehungen aufbauen kann. Das haben wir uns aber sicherlich schon gedacht. Es gibt so viele Chefs, die unfähig sind gute Beziehungen aufzubauen. Dabei sind es gerade die emotional kompetenten Chefs, die eine leistungsfähige Kultur aufbauen in der es Spaß macht zu arbeiten. Das sind die Chefs, die eine Firma erfolgreich machen.

EQ braucht Selbstbewusstsein

Um mit den Gefühlen anderer gut umgehen zu können gibt es eine Voraussetzung: Ich muss mit meinen Gefühlen gut umgehen können. Doch das fällt den meisten Führungskräften schwer. Sie drücken Gefühle lieber beiseite. Es gilt das Credo „Gefühle stören nur, wir müssen rational handeln“. Und so ignoriert man seine Wut, seinen Stress und seinen Ärger. Er ist zwar da, aber das Bewusstsein dafür fehlt.

Das führt zu interessanten Situationen, Ich erinnere mich an ein Erlebnis als ein CEO mit hochrotem Kopf und qualmenden Ohren zu seinen Mitarbeitern in eine Besprechung kam. Einer der Mitarbeiter meinte teilnahmsvoll „Sie sind aber geladen heute!“. Und der Chef reagierte und schrie „Ich bin nicht geladen“. Ein klarer Fall von geringem Selbst-Bewusstsein.

Ich plädiere dafür, wieder mehr auf seine Emotionen und Gefühle zu achten. Diese haben ja durchaus ihren Sinn, denn sie geben Rückmeldung über den körperlichen Zustand. Und der ist ja wichtig zu wissen. Oder wollen sie nicht wissen, wann sie gestresst, wütend oder eifersüchtig sind? Dann hören sie besser hin. Man kann es trainieren, seine eigenen Gefühle zu bemerken. Genauso wie man es trainieren kann, es nicht zu tun.

Daniel Goleman sagt, das die Selbstwahrnehmung der erste Schritt zu emotionaler Intelligenz ist. Dann folgen Selbstregulation und Motivation. Je mehr ich bemerke, was mit Angst macht und was mich stimuliert, je besser kann ich mich steuern. Ich kann mich auf kritische Situationen vorbereiten und gute Situationen aktiv anstreben. Ich habe ein Gefühl dafür, was mich motiviert. Und das setze ich ein. Erst wenn ich ein Bewusstsein über meine eigenen Gefühle und eine Selbststeuerung gefunden habe, kann ich auch besser mit anderen mitfühlen und empathisch sein.

Empathie und soziale Kompetenz

Das erscheint auch logisch. Erst wenn ich mich kenne, kann ich auch beim anderen erkennen, wie es ihm/ihr geht. Oder anders ausgedrückt, je besser ich mich kenne, je besser kann ich mich in den anderen hinein versetzen. Ausschlaggebend für diese Fähigkeit ist unser Mentalizing-System und unser Spiegelneuronensystem. Haben sie schon mal gesehen, wie jemand eine Zitrone ist und gemerkt, wie sich ihr Mund zusammen zieht und voller Speichel läuft. Das ist so eine Reaktion des Spiegelneuronensystems. Wir wissen genau, was beim anderen gerade passiert und in unserem Kopf löst es die gleichen Reaktionen aus. Je besser ich das kann, je empathischer kann ich sein. Und dann passe ich auch meine Reaktionen an das Verhalten meines Gegenübers an. Einfühlungsvermögen nennt man das auch.

So erlerne ich Stück für Stück soziale Kompetenz. Ich merke was Einfluss auf den anderen hat, aber auch wie die Firma bzw die Belegschaft der Firma auf Nachrichten oder Kürzungen reagiert. Es wird klar, was ich tun muss, um Mitarbeiter zu motivieren und stolz auf die Firma zu machen. Und das ist eine Kompetenz, die wir heute dringend brauchen.