Das Geheimnis des Unterbewussten

Ich habe letzte Woche ein Seminar zum Thema Neuroleadership gehalten. Während des Seminars erzählte ein Teilnehmer eine interessante Geschichte. Er ist Führungskraft und an dem Wohlergehen seiner Mitarbeiter sehr interessiert. So ging es auch der ganzen Abteilung, denn als vor einem Jahr Probleme auftauchten, fragte man die Mitarbeiter, was ihnen den in Zukunft helfen würde. Das Ergebnis waren regelmäßige Supervisionen mit der Abteilung. Die wurden auch zügig angesetzt. Nur leider meldete sich kaum jemand zu diesen Terminen an. „Was sollen wir denn da?“ fragten die Mitarbeiter oder sagten „Das wird nichts bringen“. Die Führungskräfte hinterließ diese Situation etwas frustriert, denn man hatte doch das getan, was die Mitarbeiter sich wünschten.

Unterbewusstsein und Bewusstsein kennen sich kaum

Die Geschichte spiegelt wieder, was sich in unserem Kopf abspielt. Dort haben wir den Kortex, der direkt unter unserer Schädeldecke liegt und darunter ganz viele verschiedene weitere Strukturen wie die Basalganglien oder den Gyrus cinguli. Auch das limbische System ist hier verortet. Über die Vorgänge im Kortex können wir Bewusstsein erlangen, also wissen was dort gerade geschieht (wir müssen nicht und wissen auch nicht über alles Bescheid). Die Strukturen darunter sind unserem Bewusstsein nicht zugänglich. Wir haben keine Ahnung, was dort alles vor sich geht. Dort werden Entscheidungen getroffen, Glücksgefühle ausgelöst, Ängste und Sorgen generiert und Routinetätigkeiten gesteuert. Im Unterbewusstsein sind auch die wichtigen Triebfedern unseres Lebens, unsere Bedürfnisse, lokalisiert. Die wollen manchmal (oder auch oft) ihr Recht und forcieren Handlungen, die nicht zielführend oder klug sind. Das können Drohungen sein, als Abwehr von Angriffen auf unseren Selbstwert, oder wüstes Schimpfen, weil wir die Kontrolle über unser Leben zurück haben wollen. Es gibt tausende von Möglichkeiten. Die Gründe für unsere Handlungen liegen jedoch im Dunkeln (im Unterbewusstsein). Wir wissen nicht, warum wir das ein oder andere machen.

Werden wir gefragt, warum wir dies oder das getan haben geht diese Frage an unser Bewusstsein. Denn das sollte es ja wissen. Doch das Bewusstsein hat keinen Zugriff auf unser Unbewusstes und das, was uns zu dieser Tat veranlasst hat. Es weiß nicht, warum wir so gehandelt haben und nicht anders. Die Frage bringt das Bewusstsein in Zugzwang. Wir brauchen doch einen guten Grund! Weil es den nicht kennt, erfindet es etwas, das plausibel erscheint. Das muss mit der Wirklichkeit und den wirklichen Auslösern jedoch nichts zu tun haben. Doch es wird gesagt und ist damit in der Welt. Wir handeln und rationalisieren unsere Taten später. Aber das mit voller Überzeugung.  

Wir rationalisieren was wir nicht wissen

Wenn wir damit die oben erwähnte Situation erklären wollen, so hat sich bei den Mitarbeitern folgendes abgespielt: Sie fühlten sich nicht gut, weil einige ihrer Bedürfnisse nicht befriedigt waren. Werden ständig und in großem Umfang unsere Bedürfnisse missachtet, führt das zu einer Unzufriedenheit. Werden dann die Mitarbeiter nach den Gründen gefragt, kann das Bewusstsein nichts dazu sagen, denn das Unwohlsein kommt ja aus dem Unterbewusstsein. Jetzt muss man aber was sagen, und man nimmt das Erstbeste was einem in den Sinn kommt und logisch klingt. Das sind ganz häufig Kommunikation und an zweiter Stelle Wertschätzung.

Fragt man die Mitarbeiter, was genau an der Kommunikation oder der Wertschätzung nicht stimmt, dann kommen keine klaren Aussagen. Weil, man es nicht weiß. Vielleicht kann man sich auch da etwas aus den Fingern saugen, aber auch das hat wenig mit den wahren Gründen zu tun. Wenn man diese Aussage für bare Münze nimmt und daran arbeitet, sitzt man einer Fehlinformation auf. Das ist tragisch, denn man verliert sehr viel Zeit und erhöht das Frustpotential auf beiden Seiten. Um es deutlich zu sagen, keiner macht das absichtlich und niemand hält sein Unbewusstes vorsätzlich zurück. Es passiert einfach.

Das Thema Zukunft umgeht Rationalisierungen

Sinnvoll wäre es in dieser Situation einfach mal über die Zukunft und die Wünsche für die Zukunft zu reden. Da kommen meist Vorschläge heraus, die den Mitarbeitern besonders wichtig sind und sie auch glücklich machen würden. Erstaunlicher Weise kann der Kopf diese Vorstellung recht konsistent entwickeln. Das Bewusstsein steuert die Vorstellung und das Unterbewusste das Gefühl dazu. Bei einer schönen Vorstellung beschleicht einen ein großes Glücksgefühl. Das kann man anstreben und einen Aktionsplan machen, wie und wann man was machen möchte.

Das geht jedem so. Wir alle können uns von diesem Prinzip nicht frei machen. Wir alle neigen zu Rationalisierungen, die mit der inneren Realität nichts zu tun haben. Unser Bewusstsein verbirgt das aber sehr geschickt vor uns. Es macht uns das Problem nicht bewusst, sondern gaukelt uns seine Realität vor.

Die Problematik ist meist nicht bewusst

Das Problem ist nicht erst jetzt erkannt. Schon während der ganzen Menschheit merkten schlaue Leute, das unsere Erklärungen und unser Ratio häufig recht mangelhafte Erklärungen anbietet. Mein Lieblingswissenschaftler ist Siegmund Freud, der sich sein ganzes Leben mit dem Unterbewusstsein befasste. Manche seiner Schlussfolgerungen sind sicherlich etwas obskur, aber die Idee, das viele der Probleme und psychischen Krankheiten im Unterbewusstsein begründet sind, hat er klar herausgearbeitet. Und dass wir nicht einfach an das Unbewusste herankommen, hat er auch gezeigt. Der ganze Berufsstand der Psychologen und Psychotherapeuten beruht letztlich auf dem Umstand des Unterbewusstseins und der schlechten Zugänglichkeit.

Ich bemerke die Problematik bei mir immer dann, wenn mich jemand nach einer Rechtfertigung fragt. „Warum hast du dies oder jenes gemacht?“. Dann muss ich erst einen Augenblick überlegen und dann kommen mir verschiedene Begründungen in den Sinn. Ich nehme die, die mir am plausibelsten erscheint. Schon während ich es sage, bemerke ich, das die Begründung meinem Anspruch selbst nicht standhält. Aber dann ist es schon gesagt. Und ich fange an, das Gesagte zu verteidigen. Eine Situation in der man sagt „einfach öfter mal den Mund halten“.

Firmen kostet das Unterbewusste Geld und Nerven

In Firmen führt das zu Situationen, die Zeit und Energie kosten. Wie häufig wird etwas gesagt, weil man den anderen nicht leiden kann oder man sich angegriffen fühlt. Ich sage mal, man ist emotional dagegen, die sachlichen Gründe muss das Gehirn noch konstruieren. Und die werden dann verteidigt und ewig lang diskutiert. Ich habe oft das Gefühl, das Diskussionen über Sachthemen sehr emotional geführt werden und das es um etwas anderes geht. Die ganze Aufregerei über Kleinkram kommt mir da in den Sinn. Die bemerke ich auch bei mir selbst. Hab ich mich doch tatsächlich neulich aufgeregt, weil ein Trinkglas kaputt ging.  

Bewusstsein übers Bewusstsein schaffen

Erst ein Meta-Bewusstsein (Bewusstsein über mein Bewusstsein) macht mir klar, dass mein Bewusstsein nicht alles weiß. Wie komme ich daran? Ich glaube, es gibt verschiedene Möglichkeiten. Einen Psychologen des Vertrauens zu kontaktieren, und mit ihm das Unbewusste zu erforschen ist eine Möglichkeit. Ich habe auch die Möglichkeit über mein Gefühl zu ergründen, was mein Unbewusstes denn will. Ein erfülltes Bedürfnis löst bei mir gute Gefühle aus, ein unerfülltes Abwehr und Angst. Ein Verständnis meiner Bedürfnisse ist sehr hilfreich. Jedes Angst und jedes Glücksgefühl bringt mich dann näher zu meine Bedürfnisse und zu mir selbst. Ja, ich weiß, das kann auch in die Hose gehen, weil ich interne Konflikte habe oder vor lauter Angst meine Bedürfnisse nicht zugebe. Und man kann seine Entscheidungen und Begründungen einfach öfter mal in Frage stellen. Das führt bei mir dazu mir einzugestehen, das ich oft Sachen mache, die nicht clever sind und die ziemlich dämlich waren. Und das fördert die Demut; vielleicht brauchen wir davon ja etwas mehr. 

Werde ich mein Unbewusstes je ergründen können? Ich glaube nicht, aber jedes bißchen mehr Bewusstsein erhöht mein Glücksgefühl und meine Zufriedenheit. Deshalb ist jedes Stückchen mehr Wissen über mich selbst, ein gutes Gefühl.

Viel Erfolg und viel Spaß beim Kennenlernen!

Markus Ramming

„Eine Welt“ im Kopf

In der Schule kommt man schon früh mit der Theorie von Darwin in Kontakt, die ein „survival of the fittest“ postuliert. Sie beschreibt, wie die Entstehung der Arten in der Vergangenheit abgelaufen sein könnte. Häufig wird aus der Theorie die Ableitung „der Stärkere gewinnt“ (und es gibt sogar den Begriff „Sozialdarwinismus“), obwohl Darwin das gewiss nicht so gemeint hat. So rechtfertigt die Theorie Machtstreben, Egoismus und Härte gegenüber anderen. Statt nur auf die Entstehung der Arten, wendet man die Theorie auf das Miteinander und das Zusammenleben an.

Ich kenne keine Untersuchung die beschreibt, welche Auswirkungen die Theorie auf die Entwicklung unserer Welt und Gesellschaft hatte. Aber die Idee, das Leben Kampf ist und der Bessere gewinnt, ist in vielen Köpfen die vorherrschende Weltsicht. „Durchsetzen“ als das einzige wichtige Prinzip darzustellen, das unser Überleben sichert, halte ich für problematisch. Wenn Kampf und Gewinnen das Einzige ist, das uns vorwärts bringt, wird jeder zu meinem Gegner. So wird „sich durchsetzen zu müssen“ zu einem vorherrschenden Prinzip. Es ist im Kopf und in unserer Gesellschaft immer präsent. Je häufiger wir etwas bedenken und besprechen, je fester wird dieser Gedanke in unserem Kopf. Die Denkweise wird ein Bestandteil unseres Lebens und nach ein paar Jahrzehnten zu einem Bestandteil unserer Kultur.  

Mir wiederstrebt dieser Gedanke. Darwin war sich nicht sicher, dass seine Theorie allein die Entstehung der Arten erklärt. Da war er sehr ehrlich und durch und durch Wissenschaftler. In der Natur können wir beobachten, dass sich Arten in bestimmten Umwelten durchsetzen, weil Sie besser angepasst sind. Aber das ist nicht das einzige Prinzip des Zusammenlebens. Es gibt auch Empathie und Selbstlosigkeit, als Grundlage für funktionierende Gruppen und Teams. Empathie bezeichnet laut Wikipedia die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden. Wir Menschen haben das Potential, diese Fähigkeit zu entwickeln. Wenn wir Empathie jeden Tag gebrauchen, vergrößern wir sie. Nutzen wir sie täglich, wird sie jeden Tag etwas ausgebaut.

Wir Menschen haben ein System im Kopf, das uns befähigt mit anderen Menschen mitzufühlen und uns in sie hinein zu versetzen (Spiegelneuronen und Mentalizing-System). Das hilft uns, zu erkennen wann es dem anderen schlecht geht, er sich gut fühlt oder traurig ist. Es ist Voraussetzung für Hilfe, die wir anbieten oder leisten können. Nur wenn wir die Not des anderen erkennen, so können wir auch etwas tun. Menschen, denen dieses System fehlt oder bei denen es unterentwickelt ist, können keine intensiven Beziehungen eingehen. Wir erleben diese Menschen als abwesend und in einer anderen Welt.

Man hat erst vor ein paar Jahren festgestellt, dass Kinder Empathie schon sehr früh erleben. Die meisten Kinder im Alter von 1-2 Jahren helfen selbstlos, wenn andere in einer Notlage sind. Sogar Kinder, die erst ein paar Monate alt sind, fühlen mit anderen mit. Empathie stellt einen wichtigen Teil des menschlichen Lebens dar. Als eine wichtige Erkenntnis aus den verschiedenen Veröffentlichungen über Kinder und Empathie komme ich zu dem Schluss: Kinder können Empathie früher als „Durchsetzen“. Damit ist Empathie wichtiger als viele andere Fähigkeiten.

Ein Grund für die Entwicklung der Empathie könnte das Glück sein, das man empfindet, wenn man in gesunden Beziehungen mit Freunden oder Partnern ist. In jeder Beziehung werden Glückshormone ausgeschüttet. Mittlerweile ist es erwiesen, dass empathische und dadurch auch altruistische Menschen glücklicher sind als der Rest der Welt. Glücksforscher betonen unablässig, dass Freunde und Beziehung der wichtigste Bestandteil für das Glück ist. Das ist erstaunlich, weil man doch bisher davon ausging, dass Bedürfnisbefriedigung der wichtigste Teil des Glücks und der Zufriedenheit ist. Dies muss jedoch wohl, um den Faktor Liebe und Altruismus ergänzt werden.

Beziehungshormone haben einen hemmenden Einfluss auf die Amygdala und den Thalamus und damit auf unsere Ängste. Das kann man auch in Experimenten mit Rhesus-Äffchen gut zeigen. Allein haben diese kleinen Äffchen panische Angst vor Hunden. Selbst wenn sie im schützenden Käfig sind und der Hund sich davor befindet verfallen sie in angsterfülltes Gekreische. Ist jedoch ein Freund (also ein anderes Rhesus-Äffchen) dabei, ist die Angst wie verflogen. Geht mir genauso. Wenn ich in Panik bin, und ein Freund ist dabei, werde ich automatisch ruhiger.

Empathie verhilft uns auch zu einem evolutionäreren Vorteil. Gruppen, in denen sich die Menschen mögen, sind kreativer und leistungsfähiger als solche, die sich nur streiten. Und in der Tat kann man verschiedene Formen des Zusammenlebens simulieren. Leben altruistische und egoistische Personen zusammen, so werden die Altruisten ausgenutzt und die Egoisten behalten die Oberhand. Das spricht für das Prinzip „Durchsetzen“. Leben jedoch Altruisten in einer Gruppe zusammen, so hat diese Gruppe Vorteile gegenüber einer Gruppe von Egoisten. Die Altruisten setzen sich mühelos durch. Weil die Mitglieder sich untereinander helfen und sich stärken. Weil sie füreinander da sind und sorgen.

Evolutionär gesehen, haben sich also Gruppen mit einem starken Zusammenhalt gegen solche durchgesetzt, die egoistische Einstellungen hatten. Und ein kurzer Blick in die Geschichte läßt diese Idee durchaus plausibel erscheinen. Gruppierungen waren immer dann besonders erfolgreich, wenn sie einen starken Zusammenhalt hatten. Empathie stärkt die Gruppe und das Team.

Doch auch empathische Menschen empfinden Wut und Aggression, wenn ihre Gruppe angegriffen wird. Man hält automatisch zu seinen Gruppenmitgliedern und kämpft gegen die andere Gruppe. Beide Prinzipien gehen Hand in Hand. In der Gruppe Empathie und gegen andere Gruppen „durchsetzen“.

Da kommt einem der Gedanke, wie es wäre, wenn alle Menschen der Welt nur eine Gruppe darstellen würden. Wie wäre es, wenn wir alle Menschen zu unserer Gruppe „die eine Welt“ zählen würden. Dann könnte man Empathie und Mitgefühl für jeden haben und wir müssten uns nicht durchsetzen. Es ist keine andere Gruppe da. Aber dies ist natürlich eine Sichtweise, die erlernt und im Kopf verankert werden muss. Von einigen Meditationsprofi‘s habe ich mitbekommen, dass sie versuchen, alle Menschen als dieser Welt zugehörig zu betrachten und Ihnen aufrichtiges Mitgefühl zukommen zu lassen. Das ist auch meine Vision von der Welt. Wir sind eine Welt und arbeiten zusammen für ihren Erhalt und ihre Entwicklung. Wenn wir uns dabei als eine Gruppe und eine Welt verstehen, können Empathie und Selbstlosigkeit aufblühen und alle hätten davon Vorteile.

Aber ich gebe offen zu, ich empfinde nicht immer und für jeden ein solches Mitgefühl. Manchmal könnte ich den ein oder anderen schütteln und rütteln. Offensichtlich habe ich auch im Laufe des Lebens viel „Durchsetzen“ gelernt. Doch ich merke auch, das Training hilft. Zum einen beeindrucken mich diese liebevollen und empathischen Mönche die seit vielen Jahrzehnten jeden Tag stundenlang meditieren. Irgendwie kommt bei denen das Mitgefühl aus jeder Pore des Lebens raus. Und zum anderen merke ich, dass jede Beschäftigung mit den Gefühlen des anderen mich ruhiger und mitfühlender macht. Wir können unsere Empathie vergrößern und trainieren. Deshalb wurde auch schon öfters ein Empathie-training an unseren Schulen gefordert. Das wäre bestimmt ein gutes Gegengewicht zu dem Prinzip „Durchsetzen“.

Stimmungsaufheller

Ich lese gerade das Buch von Matthieu Ricard „Happiness“. Ein Grund das Buch zu lesen war der Titel, der andere Grund der Lebenslauf von Matthieu Ricard. Nach seinem Studium der Genetik in Frankreich, ist er vor 40 Jahren in den Himalaya umgesiedelt, um Buddhismus zu studieren. Und um ein erfülltes Leben zu leben. Leute mit solchen Entscheidungen bewundere ich. Ich lese gerade das Kapitel 16 (Happiness in the Lab). Dort erläutert er die aktuellen Forschungsergebnisse zu Glück und Zufriedenheit. Und die finde ich so spannend, das ich kurz darüber was schreiben will.

Weil er tausende von Stunden Meditationserfahrung hat, ist Matthieu auch ein beliebtes Studienobjekt für Hirnforscher. Mitunter auch von Prof. Dr. Richard Davidson. Der hat herausgefunden, dass sich glückliche, offene und fröhliche Menschen von unglücklichen, pessimistischen und ängstlichen in ihrer Hirnaktivität unterscheiden. Glückliche Menschen zeigen eine größere Aktivität im linken präfrontalen Kortex. Unglückliche Menschen zeigen eine höhere Aktivität im rechten präfrontalen Kortex. Es ist bei jedem Menschen immer ein Verhältnis von Aktivitäten. Niemand zeigt nur eine rechtsseitige oder linksseitige Aktivität. Es gibt Menschen, die eine große Aktivität im linken präfrontalen Kortex zeigen und andere die eine hohe Aktivität im rechten präfrontalen Kortex zeigen. Die Bandbreite der verschiedenen Verhältnisse ist riesig.

Wir können unsere Stimmung beeinflussen

Das Verhältnis von linker und rechter Aktivität bestimmt unsere generelle Stimmung und unser Temperament. Menschen mit hoher linksseitiger Aktivität sind die glücklichen, offenen und enthusiastischen Menschen. Das Verhältnis von links und rechtsseitiger Aktivität entwickelt sich im Laufe des Lebens und ist stabil. Aber es ist nicht fix, es ist veränderbar. Man konnte gerade bei Kindern zeigen, dass sich abhängig von der Lebenssituation das Verhältnis mal in die rechte und mal zur linken Seite bewegt. Und auch bei Erwachsenen konnte man das Verhältnis der Aktivitäten beeinflussen.

Ganz platt gesagt bedeutet dies, dass sich unsere Stimmung beeinflussbar ist und nicht genetisch festgelegt. Wir haben es selbst in der Hand, wie es uns geht. Wir sind dem Ärger und dem Pessimismus nicht ausgeliefert, sondern können damit umgehen und daran arbeiten. Ich muss zugeben, das ist mir zwar schon länger klar, aber wenn ich mich so richtig mies fühle, dann geht mir das Bewusstsein dafür verloren. Dann bin ich im Strudel meiner eigenen destruktiven Gedanken und komme nicht heraus und ein schlechter Gedanke führt zum nächsten.

Stimmung hat einen Einfluss auf die Arbeit in Firmen

Und ich sehe gerade in Firmen, dass es nicht nur mir so geht. Schlechte Stimmung greift um sich, wie ein Geschwür. Gerechtfertigt wird die Stimmung dann mit Stress, Überarbeitung, Fehlern und anderen guten Gründen. Die Situation in vielen Firmen ist alles andere als ideal. Wenn ich mit Mitgliedern des oberen Managements darüber rede, dann ist die übliche Antwort „Tja, so gut ist die Stimmung nicht, aber so schlecht auch nicht. Das ist halt so.“ „Augen zu und durch“ nenne ich das. „Die Stimmung wird schon wieder steigen, wenn es der Firma wieder besser geht“, ist die Hoffnung der meisten Führungskräfte. Meistens warten sie vergebens darauf.

Langfristige und kurzfristige Veränderungen

Matthieu sagt, es gibt verschiedene Möglichkeiten, um aus der schlechten Stimmung heraus zu kommen und die linksseitige Aktivität anzukurbeln. Ich unterscheide die kurzfristigen und die langfristigen Veränderungen. Kurzfristig kann ich meine Stimmung durch Gedanken an positive Erlebnisse der Vergangenheit oder durch das Schauen positiver Filme oder das Lesen guter Bücher anheben. Ich hab so eine kleine Sammlung an Büchern, die ich immer dann lese, wenn ich merke meine Stimmung geht mal wieder in den Keller. Und was soll ich sagen, es wirkt! Ein oder zwei kleine Geschichten, die das Herz anrühren und schon geht es wieder aufwärts mit meiner Stimmung. Mein Lieblingsbuch ist „Hühnersuppe für die Seele“, Band 1. Wirkt super bei mir. Und das kann man sogar messen.

Langfristig sind diese Veränderungen nicht. Gibt es Möglichkeiten, mein Hirn langfristig zu verändern und meine linksseitige Aktivität zu erhöhen? David Richardson untersuchte Mönche (eben auch Matthieu Ricard), die als besonders zufrieden und glücklich gelten. Diese Mönche, mit jahrelanger Meditationserfahrung und besonders in einer besonderen Art der Meditation, der „Mitgefühlsmeditation“ weisen eine hohe linksseitige Aktivität auf, die weit über das normale Maß hinausgeht. Dazu hatten sie auch eine besondere Aktivität von Gamma-Wellen im Kopf. Einige Wissenschaftler bringen das in Zusammenhang mit einem erhöhten und verbesserten Bewusstsein und der Fähigkeit unterschiedliche Themen im Kopf zu verbinden. Das Nachdenken über andere und das Mitfühlen mit anderen führt zu einem besonderen Gefühl der Zufriedenheit und einer guten Stimmung. Aber man hat nicht nur gezeigt, das Mitgefühl die Stimmung verbessert, sondern auch, das eine Veränderung des Hirns selbst herbeigeführt werden kann. Das Training des Gehirns durch Meditation führt zu sichtbaren und spürbaren Veränderungen der Stimmung.

Wir haben es in der Hand

Die haben‘s gut, könnte man jetzt denken. Die nehmen sich auch jeden Tag 8-10 Stunden Zeit um zu meditieren. Die Zeit haben wir nicht. Können wir unsere Stimmung dann nicht beeinflussen? Neuere Untersuchungen legen nahe, dass selbst Meditationsanfänger ihre Stimmung und ihre Gesundheit innerhalb von Wochen wesentlich verbessern können. Ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Jeder Tag, der mit einer Meditation beginnt wird deutlich entspannter. Und nach Jahren der Meditation fühle ich mich auch deutlich zufriedener und glücklicher. Ich bin aber sicher, dass nicht nur Meditation zu einer verbesserten Stimmung und einer Veränderung im Kopf führt. Auch Optimismus-Tagebücher, visionäres Schreiben, Mitfühlen mit anderen, Altruismus und vieles mehr führt zu einer deutlichen Stimmungsverbesserung und einer Veränderung im Kopf. Die wurden bis jetzt noch nicht wissenschaftlich untersucht. Aber ich bin sicher, in den nächsten Jahren wird sich da einiges tun.

Wir haben verschiedene Möglichkeiten uns selbst zu beeinflussen und unsere Stimmung anzuheben. Kurzfristige schnelle Hilfe aber auch eine langfristige Veränderungen in unserem Kopf. Indem ich mich mit anderen beschäftige und mich frage, wie der andere sich fühlt und wir es ihm geht. Indem ich mich um andere sorge und mich nicht immer als den Mittelpunkt der Welt ansehe. Ich glaube, das steht in Einklang mit vielen Glücksforschern und vielen Lehrern und Philosophen. Erfahrbar und jetzt auch noch wissenschaftlich belegt. Also, ran an die Stimmung.

Markus Ramming

Widerstand in Begeisterung wandeln

Wir hatten in einem der letzten Artikel die permanente Veränderung unseres Gehirns erläutert. Es passt sich an neue Gegebenheiten an und verändert sich entsprechend. Es lernt und entwickelt sich und das macht es sogar gern. Veränderungen sind somit kein Problem für unser Hirn.

Die Erfahrung der meisten Manager ist anders. Bei vielen Change Projekte hat man mit Gegenwind und Widerstand zu kämpfen. Es wird in der Literatur berichtet, dass 50% der Change Projekte in die Hose gehen. Das anvisierte Ziel wird vielfach nicht erreicht. Und das liegt meist am Widerstand der Belegschaft. Wenn sich unser Gehirn so gern verändert und entwickelt, warum gehen dann so viele Veränderungen schief? Und wie können wir Veränderungen gehirngerecht gestalten?

Es geht so viel schief, weil wir eine andere Seite unseres Gehirns nicht genügend beachten. Wir sind zwar gut uns an unsere Umwelt anzupassen, doch an erster Stelle stehen unsere Bedürfnisse. Und ganz besonders das Bedürfnis nach Sicherheit. Und dafür tut unser Gehirn alles. Wenn unser Gehirn also nur ansatzweise die Idee entwickelt, die Situation in der wir uns befinden ist gefährlich, dann wird unser Angst und Abwehrsystem angeworfen. Und das führt zu Widerstand. Und je bedrohlicher die Situation wahrgenommen wird, je größer der Widerstand.

Dabei kommt es nicht auf die reale Bedrohung an. Es kommt darauf an, in wie weit sich der Mitarbeiter bedroht fühlt. Jeder entwickelt da seine eigene Realität. Jeder interpretiert die Situation aufgrund bereits gemachter Erfahrungen. Dinge, die sie nicht als bedrohlich empfinden können beim anderen die größten Ängste auslösen. Jedes Gehirn ist da anders. Häufig wird dann gegen die Veränderung geschossen und Gründe aufgeführt warum man das nicht tun sollte. Dabei ist man nicht gegen die Veränderung, sondern dagegen „wie“ verändert wird.

Meine Erfahrung zeigt, dass die meisten Chefs denken, die Mitarbeiter wollen die Situation nicht verändern und alles beim Status Quo belassen. Das ist jedoch nicht der Fall. Die meisten Menschen schießen nicht gegen die veränderte Situation, sie empfinden nur den Prozess als bedrohlich. Und das führt zu Widerstand. Auch wenn der Widerstand etwas Individuelles ist, sind für die meisten Menschen folgende Situationen und Prozesscharakteristiken mit Ängsten verbunden.

Schlechte Erfahrungen

Gab es bereits einmal ein Change Projekt und wurde das als sehr schlecht und bedrohlich wahrgenommen, werden Mitarbeiter bereits durch die Ankündigung eines weiteren Projekts in den gleichen Zustand versetzt. Insbesondere, wenn der Ablauf und die Struktur des Projektes dem ersten sehr ähnlich sind. Wenn also ein Projekt mal schief gelaufen ist, dann machen sie das Nächste ganz anders.

Mitarbeiter haben keine Idee davon, was auf sie zukommt

Wir können nicht in die Zukunft schauen. Aber fast jeder hat einen stabilen Tagesablauf, mit dem er zufrieden ist und mit dem er sich arrangiert hat. Änderungen die von außen aufgedrückt werden sind da nicht willkommen. Erfahren Mitarbeiter, das sich in Zukunft etwas ändern wird, fangen sie an über die Möglichkeiten zu spekulieren. Und bei den meisten macht sich eine Angst breit, dass sich etwas verschlechtern wird. Und läßt man Menschen für einige Zeit wild spekulieren, dann wird die Angst vor dem was kommt immer größer.

Andere bestimmen über meine Zukunft

Ich hasse nichts so sehr, wie wenn andere Menschen über mein Leben bestimmen. Die Aufforderung „Bring doch mal den Müll runter“ ist ein gutes Beispiel. Selbst wenn ich es gerade machen wollte, bewirkt die Anweisung eine sofortige Abneigung gegen die Aufgabe und ein Hinauszögern. Dabei finde ich das Resultat und die angestrebte Situation sehr gut. Es liegt also nicht an der Aufgabe an sich, es liegt an dem Prozess. Es geht gegen meinen Selbstwert und meine Autonomie, wenn ich nicht selbst entscheiden kann. Wahrscheinlich bin ich da etwas sensibel oder paranoid, aber ich kann eine ähnliche Abneigung bei vielen Menschen gegen Anweisungen erkennen. Und das ist auch in Veränderungen so. Man kann dem Mitarbeiter nicht sagen: „So, wir machen das jetzt anders. In Zukunft machst Du das so und so“. Auch wenn er nichts sagt, die interne Rebellion ist gewiss.

Druck etwas machen zu müssen

Ob andere jetzt sagen was ich tun soll oder wie ich es tun soll ist egal. Ich mag es nicht. Beides beschränkt meine Autonomie und meine Selbstbestimmung. Und viele andere Mitarbeiter mögen es auch nicht. Wenn ich also etwas bis Ende des Tages tun muss, weil mir mein Chef gesagt hat, ich müsste das tun. Dann mache ich das nur mit Widerwillen. Habe ich selbst entschieden, das Projekt bis heute Abend zum Abschluss zu bringen, dann arbeite ich mit Begeisterung daran. Ich wehre mich nur gegen den Druck. Und das ist Kopfsache!!

Angst vor Fehlern

Wenn Veränderung stattfindet, dann hat das vielfältige Veränderungen zur Folge. Vielleicht im Ablauf, in den Verantwortungen, in der Organisation und der Logistik, um nur einige zu nennen. Wenn ich viele Dinge anders machen muss, dann ergibt sich auch eine größere Wahrscheinlichkeit Fehler zu machen. Wenn Fehler nicht gerne gesehen sind, erhöhen wir durch eine Veränderung die Angst Fehler zu machen. Die Unsicherheit steigt zusätzlich an und der Widerstand steigt.

Wie kann man also eine Veränderung gehirngerecht gestalten

Ich weiß, es geht nicht immer alles einfach und wir machen alle viele Fehler. Sicherlich funktioniert nicht alles gut nach einem vorgegebenen Schema. Folgende Prinzipien haben sich aber in vielen Unternehmen bewährt. Je intensiver sie diese Dinge leben, je einfacher wird Veränderung von statten gehen und umso begeisterter sind ihre Mitarbeiter. Ein besonderer Tipp: Nennen sie Veränderungsprojekte niemals Change oder Veränderungsprojekte. Benennen Sie es nach dem Ziel. Effizienz-Erhöhungsprojekt oder Qualitäts-Verbesserungsinitiative. Ziele strebt mein Kopf viel lieber an als Veränderung.

Mitarbeiter einbinden

Ich gehe davon aus, dass Mitarbeiter an dem Erfolg der Firma interessiert sind. Schließlich ist ihr Schicksal eng mit dem der Firma verbunden. Man kann also zu jeder Zeit mit den Mitarbeitern Lösungen für anstehende Herausforderungen suchen. Teresa Amabile zeigt in ihrem Buch „The progress principle“, dass Mitarbeiter bereit sind viel für die Firma zu tun wenn es sinnvoll ist und die Firma weiter bringt. Mit allen über die Situation zu diskutieren erhöht ihren Selbstwert und ihr Engagement. Es erhöht die Vielfalt der Ideen und kann zu ganz neuen Wegen führen. Meist wollen Mitarbeiter nur die Möglichkeit haben, ihren Senf dazu zu geben. Sie wollen gehört werden. Wenn sie also mal was anders machen wollen, fragen Sie doch ihre Mitarbeiter wie man die Fehlerrate senkt oder wie man ein besonderes Qualitätsziel erreicht.

Ziele gemeinsam bestimmen

Okay, nicht jeder der 20000 Mitarbeiter sollte mit an der Strategie und den Zielen der Firma arbeiten. Aber ausgewählte Mitarbeiter kann man durchaus mit strategischen Aufgaben betreuen (lesen sie dazu vielleicht mal das Beispiel der Firma Eckes-Granini im Buch „Führen mit Hirn“). Wichtig ist, dass jeder mitbestimmen kann, was er zum Erfolg der Firma beitragen kann. Ob es um die Abteilungsziele oder nur die Gruppenziele geht; wenn immer sich Mitarbeiter engagieren können erhöht das den Selbstwert, die Motivation und das Engagement und läßt Ängste verfliegen.

Wege zusammen gehen

Bestimmen Sie nicht nur gemeinsam ihre Ziele, bestimmen Sie auch gemeinsam den Weg dorthin. Jeder hat seine besonderen Stärken und Fähigkeiten die er auf dem Weg einbringen kann. Nutzen Sie die Potentiale ihrer Mitarbeiter. Das erhöhte die Identifikation mit der Firma und läßt Widerstand gar nicht erst entstehen. Wenn sich Jeder einbringen kann und Fehler eine Möglichkeit sind sich weiter zu verbessern, dann steht einem erfolgreichen Kundenzufriedenheits-Projekt nichts mehr im Wege.

Gehirne verändern sich permanent. Firmen sollten das auch. Aber nicht nur verändern sondern sich ständig verbessern. Das geht mit Hirn (oder sagen wir Neuroleadership) wesentlich besser. Nutzen die Köpfe ihrer Mitarbeiter richtig. Damit sie sich nicht mit Widerstand sondern Begeisterung auseinandersetzen müssen.

Wir werden zu dem, was wir denken

Das ist ein Statement von Gerald Hüther und eine Behauptung, die ich 100% bestätigen kann. Ich kann mich selbst  unterschiedlich wahrnehmen und verschiedene Dinge über mich denken. Sicherlich gibt es da ganz viele Variationen, aber im Wesentlichen gibt es Zwei. Ich kann ich mich als glücklichen, energiereichen und kreativen Menschen sehen (ich nenne ihn mal K), oder aber als Opfer der Umstände und der Umgebung, die es nicht gut mit mir meint(ich nenne ihn mal O). Ich kenn beide Zustände sehr gut. Die Konsequenz aus beiden Denkweisen ist dramatisch.

Als K bin ich glücklich, ich habe Energie und bin kreativ. Ich sehe das Leben als leicht und wunderschön, bemerke wie unglaublich toll andere Menschen sind. Ich starte viele neue Projekte und kann locker mit Rückschlägen umgehen. Kurzum, ich bin zufrieden so wie es ist.

Als O vergehe ich in Selbstmitleid und habe wenig Antrieb und Energie. Das Leben ist schwer und mühsam, andere Menschen wollen mir etwas antun. Ich bin richtig unglücklich.

Es scheint, als habe ich zwei Konzepte bzw Netzwerke von mir im Kopf, die miteinander streiten (Ich weiß, viele Coaches und Therapeuten werden einwenden, dass es nicht nur 2 sind und das ist wahrscheinlich richtig). Was mich ärgert sind die energielosen Phasen, die eindeutig länger sind als die energiereichen. Und irgendwie scheint das mein Grundzustand zu sein. Wenn ich nichts tue, dann kommen ruinöse Gedanken von allein.

Es gibt viele verschiedene Experimente, die zeigen das ein Gehirn zu dem wird, zu das man es am meisten gebraucht. Die Motorik der Greifhand von Geigenspielern vergrößert sich mit dem Üben und Lernen, Taxifahrer in London haben einen vergrößerten Hippocampus, der für das räumliche Ortsgedächtnis zuständig ist. Blinde die Blindenschrift lesen können, haben eine verbesserte Perzeption an den Fingerspitzen. Je mehr wir bestimmte Teile unseres Gehirns und bestimmte Denkmuster verwenden, je mehr Platz wird ihnen im Gehirn eingeräumt.

Vielleicht bemerken wir das auch an uns selbst. Wenn ich über einen längeren Zeitraum mit Menschen zusammen bin, die primär negativ eingestellt sind, dann sehe ich förmlich eine Vergrößerung meiner Negativität. Genauso verhält sich das aber auch mit positiven Menschen. Oder mit Workaholics, oder energielosen Personen. Irgendwie färbt es ab.

Dieser O-Zustand macht mich nicht glücklich. Deshalb will ich natürlich gerne im K Zustand verweilen. Die Frage ist: Wie komme ich dahin? Besonders, wenn mein Grundzustand tendenziell in den O-Zustand geht. Meine Erfahrung ist: Ich muss immer aktiv etwas tun, um in den K-Zustand zu kommen. Aber zum Glück gibt es Einiges, was mich aus dieser negativen Gedankenspirale herausreißt. Eine der Dinge ist Sport. Ich laufe gerne durch den Wald und um einen nahegelegenen See. Das Laufen bewirkt einen positiven Push im Hirn, ausgelöst durch Endorphine, die bei langen Läufen oder bei intensiven kurzen Läufen ausgeschüttet werden. Auf einmal habe ich wieder Energie und kann mein Leben genießen. Darüber hinaus bewirkt Sport eine Freisetzung von BDNF (brain derived neurotrophic growth factor), der für das Wachstum von Nervenzellen wichtig ist.

Zum anderen kann ich arbeiten, Aufgaben erledigen und selbstgesteckte Ziele erreichen. Jedes Ziel, das ich mir setze und die intensive Arbeit daran, löst einen Glücksmoment bei mir aus. Auch hier ist es wie beim Sport. Wenn ich etwas erreiche, werden Endorphine ausgeschüttet. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ich die Arbeit gerne erledige und ein ernsthaftes Interesse habe, das Ziel zu erreichen. Ich gebe zu, als Selbständiger hat man es da einfach, weil man sich seine Ziele besser aussuchen kann. Jeden Tag Ziele setzen und versuchen, diese auch zu erreichen, kostet mich Energie. Aber jedes Häkchen hinter einem Ziel ist ein Erfolg, der mich positiv stimmt.

Was wir aber auch tun können, um uns in einen K-Zustand zu versetzen ist das Folgende: Ich kann meine Gedanken bewusst auf positive Dinge richten, indem ich mich damit beschäftige. Ein Tagebuch des Glücks ist deshalb ein wichtiges Instrument für mich geworden. Hier schreibe ich auf, welche guten Seiten Menschen haben und schreibe auf, was mich glücklich macht. Das beschäftigen mit diesen Dingen macht mich froh und bringt mich in einen positiven Zustand. Und das Ganze wirkt, denn je mehr ich mich mit K beschäftige, je größer wird auch der Raum im Gehirn dafür.

Einen ähnlichen Effekt hat das Meditieren. Der bewusste Umgang mit meinen Gefühlen, das Aufspüren der Gefühle und auch das Zugeben bewirkt in mir ein Freisetzen von guten Gedanken. Genauso wie die Musik. Jedes neue Lied das ich spiele oder singe setzt neue Kräfte frei.

Sie merken, mir geht es sehr um Denkmuster und die Dinge die mich treiben. Weil ich bemerke wie meine Einstellung, mein Glück und meine Leistung beeinflusst. Die Mechanismen, die im Hirn dazu beitragen sind sicherlich sehr komplex. Aber die Wirksamkeit der oben genannten Methoden ist wissenschaftlich belegt. Und sie alle unterliegen der simplen Wahrheit: Je mehr ich es tue, je besser wird es. Unser Gehirn ist keine autonome Masse, die arbeitet, ohne dass wir etwas tun können. Wir können uns entwickeln zu etwas, auf das wir stolz sein können. Was wir dazu tun müssen, wir müssen es so benutzen, wie wir es haben wollen.

Ein Beispiel aus meinem Leben. Ich bin ein emotionaler Mensch. Manchmal können mich Menschen auf die Palme bringen. Dann werde ich sauer und meine Selbstkontrolle läßt nach. Ich sehe in dem Anderen nicht mehr einen freundlichen Gegenüber, sondern einen Angreifer, gegen den ich mich zu verteidigen habe. Was ich dann sicher nicht anstrebe, ist eine gütliche Einigung für alle, oder sagen wir eine Win-Win Situation. Wenn ich mich aber zuvor vorbereite und ich aufschreibe, warum ich die Menschen um mich herum schätze. Wenn ich mir durch Aufschreiben klar mache, was mein Herz möchte und ich das auch anstrebe, dann komme ich in ein anderes Denkmuster und kann freundlicher und ehrlicher verhandeln.

Diese bewusste Orientierung meines Fokus kostet mich Energie. Ich muss mich also selbst immer wieder dazu bringen, das Gute zu suchen und in mir zu erwecken. Aber eins merke ich deutlich, je mehr ich das mache, je einfacher wird es.

Wie wir uns selbst manipulieren

Eines der großen Themen der Neurowissenschaften ist Priming. Es bezeichnet den Umstand, das Worte, Situationen und Umgebungen uns in unseren Meinungen und Handlungen immens beeinflussen. Malcom Gladwell hat mit „Blink“ ein ganzes Buch darüber geschrieben (Das Buch ist toll zu lesen, mit vielen Geschichten und anschaulichen Beispielen . Mittlerweile haben sich viele Professoren der Erforschung des Phänomens verschrieben. Die wichtigste Erkenntnis ist, das wir unendlich manipulierbar sind, auch wenn wir das von uns gar nicht glauben wollen. Weil jedes Detail unserer Umgebung uns massiv beeinflusst können wir uns selbst in eine gute oder schlechte Stimmung bringen. Und wir können andere in ihrer Leistung beeeinflussen. Weil Priming auch Performance beeinflusst, sollten wir uns eingehend mit diesem Phänomen beschäftigen.

Eines der interessantesten Experimente wurde gemacht von ……. Er hat Studentinnen einen Sprachtest und anschließend einen Mathetest durchführen lassen. Zuvor splittete er die Gruppe in Untergruppen. Die Gruppen mussten im Deutschtest unterschiedliche Texte lesen, zusammenfassen und Fragen dazu beantworten. Die Themen der Gruppen waren wir folgt

  1. Männer sind ähnlich intelligent wie Frauen
  2. Männer können Mathe etwas besser, weil sie in der Schule mehr gefordert werden
  3. Es wurde ein Mathe-Gen gefunden. Das liegt auf dem Y-Chromosom. Da Frauen das nicht haben, können sie auch kein Mathe

Anschließend wurde ein Mathetest durchgeführt. Dabei schnitt die letzte Gruppe wesentlich schlechter ab, als die anderen Gruppen. Sie machten nur 60% der Antworten richtig. Dabei waren Sie nicht weniger intelligent oder schlechter in Mathe. Sie waren nur anders geprimt.

Man kann sich das so erklären, dass durch den Deutschtest unterschiedliche Netzwerke im Gehirn angeschaltet worden sind bzw von der Nutzung ausgeschlossen wurden. Wenn Studentinnen 40% der Antworten, die sie eigentlich richtig beantworten könnten, nicht richtig beantworten, dann haben Sie zu bestimmten Informationen offensichtlich keinen Zugang. Durch vorhergehende Informationsaufnahme wurde diese blockiert.

Es gibt noch eine ganze Unmenge an ähnlichen Experimenten. Beschäftigung mit der eigenen Stereotype, dass afroamerikanische Menschen weniger intelligent sind, läßt sie schlechter bei Einstellungstests abschneiden. Beschäftigung mit großen oder kleinen Zahlen, läßt Studenten niedrigere oder höhere Geldbeträge für verschiedene Produkte bieten. Beschäftigung mit Professoren läßt Studenten intelligentere Antworten geben. Beschäftigung mit alten Menschen und Rente, läßt Studenten 17% langsamer laufen. Nachdenken über Ethik, läßt Menschen weniger betrügen.

Es gibt also eine Unmenge an Belegen dafür, dass die äußeren Umstände unsere Leistung beeinflussen. Dies können sein:

Gespräche über Unfähigkeit und Inkompetenz
Gespräche über Langeweile
Reden über Fehler und falsche Vorgehensweise
Unterhaltungen darüber, dass man es gar nicht schaffen kann
……

Sie können die Liste weiter fortsetzen. Und nun extrapolieren sie das mal in ihre Firma. Es gibt offensichtlich Zustände, die ihre Mitarbeiter in einen leistungsfähigeren Zustand, bzw weniger leistungsfähigeren Zustand versetzen. Worüber wird bei Ihnen an der Kaffeemaschine gesprochen?  Worüber unterhalten Sie sich im Meeting? Was treibt Ihre Gedanken um? In den meisten Firmen, in denen ich mich in den letzten Jahren aufgehalten habe, wurde über Fehler, Unfähigkeit und Missmanagement gesprochen. Und das aktiviert bestimmt nicht die Netzwerke, welche zu einer erhöhten Leistungsfähigkeit führen.

Sie werden jetzt vielleicht einwenden, dass man sich doch über Probleme unterhalten muss, um zu einer Lösung zu kommen. Sie haben Recht! Es geht aber darum, welche Netzwerke ich in der Diskussion aktiviere. Die, welche eine Lösung im Wege stehen und die welche einer Lösung förderlich sind.

Themen wie die Größe des Problems, die Auswirkungen, die Fehler die man gemacht hat, die Dinge, die man nicht kann, führen zu einer Blockade der Leistungsfähigkeit. Themen über die man sprechen sollte sind: Wie kann die Lösung aussehen?; Was sind die Optionen?; Was sind die positiven Aspekte der Situation; Wo liegen unsere Stärken? Usw.

Und jetzt sehen sie auch, wie Sie sich selbst manipulieren können, oder aber auch andere. Gehen Sie einfach zu den Kollegen, die sie richtig primen. Menschen, die sich darüber unterhalten, wie sie weiter kommen können und sich weiter entwickeln können. Menschen, die über Intelligenz und deren Erweiterung reden, Menschen die Sie inspirieren. Verzichten Sie auf die, die nur rumjammern. Gehen Sie Menschen aus dem Weg, die über die