Kreativität und Innovation – unser Gehirn in Top-Form

Kreativität und Gehirn

Kreativität & Innovation
Das Gehirn in Bestform

Ohne Kreativität keine Innovation

Veränderungen in der Gesellschaft und der Wirtschaft gehen immer schneller vor sich. Die Produktzyklen werden immer kürzer, Innovationen immer mehr. Kam ein neues Auto vor 30 Jahren alle 12 Jahre auf den Markt, so sind es mittlerweile alle 4-6 Jahre. Und Updates werden fast jährlich eingeführt. Kreativität, die Basis aller Innovationen, ist der Motor der Ökonomie. 

Nicht nur in der Wirtschaft ist Kreativität gefragt. Auch in  unserer Gesellschaft spielt sie eine immer größere Rolle. Wir müssen Klimawandel und Umweltverschmutzung aufhalten und dazu gemeinsam neue Wege finden. Schulen, Renten, Sozialstaat – alles braucht kreative Ideen und Neuerungen. Kreativität ist auch in der Firma überall gefragt, nicht nur im Marketing. Kreativ müssen wir in allen Bereichen der Firma sein, ob das jetzt Produktion, Administration oder Logistik ist. Ohne sie keine Neuerungen und Verbesserungen. 

Doch wie können wir Kreativität fördern und unser Ideenpotential ausbauen? 

Das Problem unserer Zeit

Einer der schlimmsten Irrglauben unserer heutigen Zeit ist, dass nur wenige Menschen mit Kreativität gesegnet sind. Total falsch! Jeder kann kreativ sein. Aber Kreativität, die man nicht nutzt, kann sich nicht entwickeln. Sie verkümmert und man hat den Eindruck man hätte keine Ideen. Doch je mehr man sie nutzt, je mehr blüht sie auf.

Kreativität ist eine Gewohnheit (Robert Sternberg). Sie gehört zu unserem normalen Leben dazu und ist nicht auf Picasso, Einstein oder Warhol beschränkt. Leider werden aber kreative Ideen in unseren Schulen noch häufig abgestraft. Immer wenn Kinder sich nicht an bestimmte Vorgaben halten, gilt das als schlecht. So wird häufig die Kreativität ausgetrieben statt gefördert. Das es auch anders geht, zeigen viele alternative Konzepte, besonders in den skandinavischen Ländern.

Menschen sind kreativ, weil sie sich häufig bewusst dazu entscheiden, nicht mit einer Routine auf eine bestimmte Situation zu reagieren. Sie wollen ihre Ideen und Werte in die Welt setzen. Kreativität ist damit auch eine Routine – aber eben eine welche raus aus dem Autopiloten geht und bewusst über die Situation reflektiert. Damit man andere Wege gehen kann, gibt es einige Faktoren, welche Kreativität unterstützen.

Menschen mit einer neuen Idee gelten solange als Spinner, bis sich die Idee durchgesetzt hat

Mark Twain

Was ist denn kreativ?

Kreativität beinhaltet einen schöpferischen Akt, der etwas Neues erfindet und der ein Denken „out of the box“ verlangt. Kreativität ist ein mentaler, schöpferischer Prozess, der neue Ideen in die Welt bringt. Ideen entstehen durch die Kombination unterschiedlicher Informationen in unserem Kopf. Wir bringen neuronale Netzwerke und Informationen miteinander in Beziehung, die zuvor nichts miteinander zu tun hatten. 

Dieser Vorgang passiert ganz oft in unserem Kopf. Haben wir ein Problem und denken darüber nach, zündet unser Gehirn einen Nachbrenner. Unser Unbewusstes denkt weiter über das Problem nach. Je länger wir bewusst Zeit investiert hatten, je länger arbeitet auch unser Unbewusstes daran. Viele kreative Menschen machen deshalb bewusst Spaziergänge, Tagträumen oder folgen einer Routinetätigkeit. Dann kann unser Unbewusstes sich nämlich auf die Lösung des Problems ausrichten. 

Und plötzlich kommt dann der Aha-Effekt. Uns schießt eine tolle Idee in den Kopf. Das passiert am Tag sehr sehr oft. Aber wir haben verlernt, es zu bemerken. Wir müssen diesen spontanen Eingebungen mehr Raum geben und darauf fokussieren. Sonst sind die guten Ideen nämlich nach ein paar Sekunden verschwunden. Und für immer verloren. Mir passiert so was häufig beim Joggen. Ich habe eine tolle Idee und bin ganz begeistert davon. Früher kam ich dann nach Hause und konnte mich nur noch erinnern, dass ich eine gute Idee hatte. Welche? Ich wusste es nicht mehr. Seitdem ich das bemerkt habe, fange ich an über die Idee nachzudenken. Ich erzähle mir, wie die Idee realisiert werden könnte. Dadurch festigt sich die Idee! 

 

Unterstützende Faktoren der Kreativität

Kreative Menschen die etwas Besonderes in die Welt bringen macht aber noch mehr aus. Sie haben verschiedene unterstützende Eigenschaften, die mit der Kreativität zusammenhängen. Man kann die Faktoren als Bestandteile der Kreativität sehen, oder als separate Faktoren, welche Kreativität unterstützen.

Kreative Menschen haben auf jeden Fall einige dieser Faktoren in besonderem Maße:

a) sehen und suchen Dinge, die andere Menschen nicht erkennen
b) gehen Risiken ein, die andere Menschen aus Angst nicht eingehen
c) haben den Mut, sich der Menge zu widersetzen
d) stehen für ihre eigenen Überzeugungen ein
d) Überwinden Hindernisse und Herausforderungen

Alle diese Faktoren sind Bestandteile eines erfüllten Lebens. Aber auch Eigenschaften, die sich gegenseitig unterstützen. Das Gute ist, alle diese Eigenschaften können wir lernen und uns aneignen. Sie kommen mit der Kreativität, wenn wir sie entwickeln.  

Das Gehirn und Kreativität

Das Gehirn spielt bei der Kreativität eine große Rolle. Die Neurobiologie zeigt uns, dass eine besondere Form von Denken gefragt ist. Wir sind auf der Arbeit oft konzentriert und fokussiert. In diesem Modus kann man im Gehirn Beta-Wellen messen. Sind wir jedoch kreativ, dann sind wir außerhalb unseres Beta-Bereichs. Das kann immer dann geschehen, wenn wir entspannt und mit Ruhe durch die Welt gehen. Dann verbindet das Gehirn bestehende Informationen, zu noch nie dagewesenen Ideen, zu etwas Neuem. Die Abwechslung von Fokus und Entspannung ist deshalb eine wichtige Voraussetzung für Kreativität.

Auch wenn ich überzeugt bin, das jeder kreativ sein kann, so bin ich auch überzeugt, das mit der Kreativität einige begleitende Faktoren notwendig sind, wenn wir wirklich etwas großartiges Neues in die Welt setzen wollen. Alle haben auf die ein oder andere Weise ihren Ausgangspunkt in unserem Kopf. Was wiederum zeigt wie wichtig unser Gehirn für die Kreativität ist.

 

Drei kognitive Fähigkeiten sind dabei wichtig:

a) die Fähigkeit, Probleme auf neue Weise zu sehen und den Grenzen des konventionellen Denkens entkommen
(b) die analytische Fähigkeit, die eigenen Ideen und Grenzen zu erkennen, und wissen welche Ausbrüche es wert sind, verfolgt zu werden und welche nicht
(c) das Praktische – die Fähigkeit, andere zu überzeugen und anderen Menschen den Wert der eigenen Ideen zu verkaufen und sie dafür zu begeistern

Voraussetzung, das die kognitiven Fähigkeiten wirklich zu etwas Neuem führen sind dann

Wissen
Was das Wissen betrifft, muss man genug wissen über ein Feld, um es voranzubringen. Man kann sich nicht über ein Feld hinausbewegen, wenn man nicht weiß wo es endet.  Andererseits kann Wissen über ein Fachgebiet zu einer geschlossenen und festgefahrenen Perspektive führen, Man muss sich also entscheiden sein bisheriges Wissen nutzen, sich aber auch dafür entscheiden, es nicht zu einem Hindernis werden zu lassen.

Denkstile oder Mindset
Dinge neu zu denken, zu sehen, zu fühlen und anders zu entscheiden als der Mainstream ist dabei besonders wichtig. Das ist mehr eine Gewohnheit, als eine besondere Fähigkeit. Und in großen und im Kleinen zu erkennen, welche Fragen jetzt wichtig sind und damit den Fokus anders zu setzen ist ein besonderes Mindset.  

Zu den besonderen Eigenschaften gehören auch die Resilienz mit der Überwindung von Hindernissen, Bereitschaft, vernünftige Risiken einzugehen, Ambiguität zu tolerieren, und Selbstwirksamkeit zu besitzen

Motivation
Eine intrinsische, aufgabenorientierte Motivation ist ebenfalls hilfreich. Die Forschung von Teresa Amabile hat gezeigt, das besonders Leute, mit einer intrinsischen Motivation für kreatives Arbeiten auch großartige Dinge schaffen. Menschen, die lieben was sie tun und es tun ohne ein Belohnung zu erwarten. Denn dann konzentrieren Sie sich auf die Arbeit.

Wenn diese Komponenten zusammen kommen, dann kann Kreativität besonders gut gedeihen. Auch wenn das ein oder andere nicht da ist, kann Kreativität da sein. Aber das Optimum entsteht durch die Kombination dieser Faktoren. Des weiteren bin ich davon überzeugt, das kreative Prozesse, die oben genannten Faktoren fördern, aber auch umgekehrt. Sie bedingen sich gegenseitig.

Als Kind ist jeder ein Künstler. Die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben.

Pablo Picasso

 Kreativität ist ein Prozess

Kreativität ist nicht allein der Moment der spontanen Eingebung. Es stimmt, es gibt diese Momente, die für uns wie AHA-Effekte wirken und augenscheinlich ohne Grund auftauchen. Jede Eingebung ist das Resultat eines kreativen Prozesses, der einige Stunden oder auch Wochen dauern kann. Wenn Sie wissen, wie er funktioniert, dann können Sie sich in Zukunft viel Zeit mit der Ideenfindung sparen. Hier sind die einzelnen Schritte:

1. Frage oder Problemformulierung
Die richtige Frage ist bei der Kreativität unglaublich wichtig. Häufig sind Fragen nicht spezifisch genug und zu allgemein. Sie sind für unser Hirn zu komplex. Stellen Sie also möglichst einfache Fragen.
2. Informationssammlung
In dieser Phase sammeln wir alle Informationen zu diesem Thema. Damit aktivieren wir die notwendigen Netzwerke in unserem Gehirn und fügen weitere wichtige Informationen hinzu.
3. Inkubation
Anschließend machen wir mal bewusst etwas ganz anderes. Wir gehen spazieren, lesen ein Buch oder backen einen Kuchen. Dabei denkt das Hirn unbewusst über die Problemstellung nach. Es arbeitet, ohne dass wir etwas davon merken.
4. Einsicht
Und plötzlich kommt da diese tolle Idee, oder besser noch die vielen Ideen, die eine mögliche Lösung darstellen. Wann sie kommt, kann man nicht genau sagen.
5. Optionen bewerten und Auswahl.
Diese erhaltenen Optionen bewerten wir und suchen die beste Option aus.
6. Implementierung
Hier kommen wir ins Tun und implementieren die beste Option.

Insgesamt können Sie an drei Komponenten ansetzen, um Ihre Kreativität zu erhöhen:
– Expertise: tiefes Wissen, um alle Fakten zusammen zu tragen
– Kreatives Denken&Mindset: Fähigkeit, um in der Vorstellung Probleme zu lösen
– Motivation: Energie, um mit einer Aufgabe bis zum Ende durchzuhalten

Blockaden überwinden

In unserer Gesellschaft gibt es eine Unmenge an mentalen Blockaden, die unsere Kreativität hemmen. Hier kurz die wichtigsten:
– Die Überzeugung: Ich bin gar nicht kreativ! Das ist Unsinn. Jeder hat die Anlage kreativ zu sein. Aber man muss üben und sie nutzen.
– Für jedes Problem gibt es nur eine richtige Antwort. Das ist Unsinn. Es gibt zu jedem Problem eine Unmenge an Lösungen.
– Das ist doch nicht logisch. Viele glauben, eine Lösung müßte logisch sein. Genau, das sind kreative Lösungen meist nicht. Deshalb sind sie kreativ.
– Sei mal praktisch. Dieser Satz ist der Killer jeder Kreativität. Kreativität ist genau das Gegenteil. Nicht logisch und auf den ersten Blick auch gar nicht praktisch.
– Strikte Zielorientierung, fixe Lösungswege und Prozess von denen man nicht abweichen möchte
– Starke Bewertungsängste hemmen die Kreativität
– Gedankliche Schranken und Glaubenssätze sind vielleicht die größten Hemmschuhe für Kreativität. Werte und Normen verhindern ein Denken in verschiedene Richtungen, weil man diese im Kopf gar nicht denken darf. Sie kommen durch Erziehung oder kulturbedingte Zwänge zustande.

Diese Blockaden sind richtige Killer. Lassen Sie sich davon nicht irre machen. Im Neuroleadership identifizieren wir diese Blockaden und wandeln sie in kreative Energie um. 

Wie Sie ihre Kreativität steigern können?

 

Halten Sie sich an den Prozess. Beschäftigen Sie sich mit dem Thema aber lassen sie dem Gehirn auch Raum, darüber nachzudenken. Es braucht Inkubationszeit.

  • Beschäftigen Sie sich weniger mit sich selbst. Beschäftigen Sie sich mit der Erforschung der Umgebung
  • Versuchen Sie jeden Tag über etwas zu staunen und etwas Neues zu entdecken. Schreiben Sie täglich auf, worüber Sie erstaunt waren
  • Versuchen Sie, mindestens einen Menschen pro Tag in Erstaunen zu versetzen
  • Wenn Sie einen Funken Interesse verspüren, folgen Sie dem Gefühl
  • Beginnen Sie jeden Morgen mit einem konkreten Ziel, auf das Sie sich freuen können
  • Alles, was sie gut tun, bereitet Freude (verwandeln Sie Alltagsaktivitäten so, daß sie Freude bereiten)
  • Erhöhen Sie die Komplexität einer Aufgabe, wenn Sie unterfordert sind
 

Neuro-emotionale Intelligenz für eine effektive Führung

Wir wissen schon lange, wie wichtig Gefühle und Emotionen sind. Sie beeinflussen quasi unser ganzes Leben. Sie bestimmen, ob es und gut geht oder schlecht, sind maßgeblich an Entscheidungen beteiligt und ein Hauptakteur der Motivation. Und auch in unseren Firmen spielen sie eine wichtige Rolle. Besonders im Marketing und im Verkauf sind Emotionen das A und O. Nur wenn wir Produkte mit positiven Emotionen verbinden, werden sie gekauft. Ohne Emotion geht quasi nichts in unserem Leben und unserer Wirtschaft.

Emotionen bestimmen nicht nur unseren Zustand, sondern auch unser Verhältnis zu anderen. Sozialwissenschaften sagen uns schon lange, wie wichtig Freunde sind.  Zu einem glücklichen Leben brauchen wir Freunde und Familie. Geliebt zu werden, und eine tiefe Beziehung mit anderen Menschen zu haben, ist eines der wichtigsten Bedürfnisse, die wir Menschen haben. Viele Glücksforscher sind der Meinung, das wir im wesentlichen gute Beziehungen brauchen, um glücklich zu sein. Und die Neurowissenschaften bestätigen das seit einige Jahren.

Obwohl die meisten Führungskräfte Emotionen und Gefühle als eine der wichtigsten Kräfte im Verkauf ansehen, sind sie in der Führung erstaunlich zurückhaltend. Viele Manager versuchen Ihre Gefühle wegzudrücken. Sie machen das, weil sie auch merken, das Gefühle ihre Entscheidungen und ihre Verhalten beeinflussen. Sie hoffen, ohne Gefühl imstande zu sind vernünftig zu entscheiden. Sie wollen Gefühle weglassen, damit rationale Entscheidungen getroffen werden können. So wird man kalt und gefühllos. 

Es wird in keiner Firma benannt oder diskutiert, aber es gibt die Umfragen, die zeigen, das 70-80% aller Kündigungen nicht wegen des Geldes erfolgen, sondern wegen der Stimmung in der Firma und der Beziehung zum Chef. Auf der anderen Seite habe ich habe noch nie einen Chef getroffen, der gesagt hat, das er sich nicht gut mit seinen Mitarbeitern versteht. Alle halten sich für großartige Chefs mit guten Beziehungen.

Statistisch widerspricht das allen Umfrageergebnissen. Mindestens 50% der Mitarbeiter in Deutschland sind unzufrieden mit ihren Vorgesetzten. Es fehlt an Verständnis, Einfühlungsvermögen und dem richtigen Umgang. Kurzum, es fehlt an emotionaler Intelligenz. Und je höher wir in der Hierarchie kommen, je größer wird die Diskrepanz.

Warum ist das so? Emotionen und Gefühle beeinflussen unsere Entscheidungen und unser Handeln. Und gerade tiefe und ergreifende Emotionen lassen führen oft zu einem Handeln, das nicht hilfreich ist. Oft ist es getrieben vom Kampf oder Fluchtmechanismus. Und da hat unserer Verstand wenig zu sagen.

Doch die Idee, wir könnten unsere Emotionen wegdrücken ist leider eine schöne Illusion. Was Menschen stattdessen machen ist ihre Gefühle nicht mehr wahrzunehmen. Und schließen daraus, sie hätten keine mehr. Wir haben jedoch zu jeder Zeit Emotionen und Gefühle. Sie sind eng mit unserem Körper verknüpft und damit immer anwesend.

 

Warum Neuro?

Wenn wir von Emotionen reden, dann kommt häufig das limbische System ins Spiel. Der Begriff suggeriert, es würde ein klar begrenzten Bereich im Gehirn geben, der für Emotionen zuständig ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Tatsächlich ist noch nicht mal klar, welche Teile das limbische System ausmachen. Deshalb vermeiden viele Neurowissenschaftler den Begriff. Klar ist aber, die wichtigsten Teile des limbischen Systems, wie Amygdala, Thalamus, Gyrus cinguli und Hippocampus spielen bei Emotionen und Gefühlen eine immens wichtige Rolle.

Die Amygdala gilt als das emotionale Gedächtnis unseres Kopfes. Sie bestimmt über unsere Bedrohungs- bzw Stressreaktion indem sie die derzeitige Situation mit schon vergangenen Erlebnissen abgleicht. Die Stressreaktion ist eine der wichtigsten Überlebensreaktionen und die wichtigste Reaktion in unserem Kopf. Und natürlich hochemotional. Bei einer Aktivierung werden Ängste aktiviert und wir kommen in einen Flucht, Kampf oder Einfrierreflex. Dieses neuronale System zu verstehen, hilft besonders bei Veränderungen und Widerständen im Management. hier findet psychologische Sicherheit auf neuronaler Ebene statt. 

Darüber hinaus werden unsere Emotionen natürlich von Hormonen wie Dopamin, Serotonin, Endorphinen, Endocanabinoiden und Oxytocin beeinflusst. Der Nucleus accumbens ist wesentlich an der Ausschüttung von Dopamin und damit von positiven Gefühlen beschäftigt. Und auch der hängt wesentlich davon ab, ob unsere Bedürfnisse erfüllt sind oder werden.

Sowohl unser limbisches System als auch unsere hormonelle Ausstattung beeinflussen also wesentlich unsere emotionale Intelligenz. Wenn wir wissen, wie sie unter Kontrolle zu bringen sind bzw wie wir sie beeinflussen können, dann können wir als emotional intelligent gelten.

 

Daniel Golemans emotionale Intelligenz

Intelligenz, das ist gut. Aber emotionale Intelligenz? Messungen mit der MRT (Magnet-Resonanz-Tomographie) zeigen, dass generelle Intelligenz sich von der emotionalen Intelligenz unterscheidet. Während die Intelligenz an der Peripherie des Kortex lokalisiert ist, zeigt die emotionale Intelligenz hohe Aktivität im medialen Bereich. Ein hoher IQ führt nicht automatisch zu guten Beziehungen. Im Gegenteil, wir kennen doch viele Führungskräfte, die Schwierigkeiten mit guten Beziehungen haben. Es sind die emotional kompetenten Chefs, die eine leistungsfähige Kultur aufbauen, in der es Spaß macht zu arbeiten. Einer der den Begriff der emotionalen Intelligenz geprägt hat wie kein anderer, ist Daniel Goleman.

Mitfühlend und empathisch mit anderen zu sein, setzt laut Daniel Goleman voraus, das man sich seiner eigenen Gefühle und Emotionen bewusst ist und damit konstruktiv umgehen kann. Wie Gefühle in unserem Körper entstehen ist noch nicht zu 100% entschlüsselt. Antonio Damasio, Paul Ekman und viele andere Neurowissenschaftler haben jedoch bahnbrechende Erkenntnisse geliefert. Wir nennen unsern Ansatz deshalb neuro emotionale Intelligenz. Neurowissenschaften bestätigen darüber hinaus noch einmal eindrücklich wir wichtig Beziehungen für unser Wohlbefinden und auch unsere Leistungsfähigkeit sind.

Wollten Manager früher noch auf Distanz führen, sind heutzutage gute Beziehungen von besonderer Wichtigkeit. Mehr als die Hälfte aller Mitarbeiter in Deutschland’s Firmen klagen über mangelnde Empathie und fehlendes Einfühlungsvermögen. Deshalb ist emotionale Intelligenz ein wichtiger Punkt im Neuroleadership. Damit Beziehungen wieder von Vertrauen und Wertschätzung geprägt werden. 

Menschen zu finden, die mit uns fühlen und empfinden, ist wohl das schönste Glück auf Erden.“

Carl Spitteler

 

Daniel Goleman sagt, das es 4 Schritte zu emotionaler Intelligenz gibt. Die ersten beiden Schritte gehen einen selbst an und die letzten zwei beschäftigen sich mit anderen. Damit wir mit anderen mitfühlen können und mit in sozialen Gruppen interagieren können, ist es nach Goleman wichtig erst seine eigenen Gefühle zu verstehen und zu erkennen und seine eigenen Gefühle zu kontrollieren.

Das klingt so einfach. Tatsächlich ist es eine schwierige Aufgabe, mit der die meisten Manager, aber auch viele andere Menschen ihre Probleme haben. Wenn ich frage „Wie geht es Dir“ höre ich oft ein „gut“ oder „schlecht“. Wenn ich überhaupt etwas höre. Gefühle sind im Management ja häufig fehl am Platze. Deshalb versuchen viele Leute ohne Gefühle durch die Welt zu gehen. Sie blockieren ihre Wahrnehmung und denken, damit könnten sie dann rational handeln. Das ist Unsinn auch wenn wir sie nicht bewusst wahrnehmen. Sich Emotionen zu verschließen ist extrem gefährlich- denn wenn uns die Emotionen treiben ohne das wir ihrer bewusst sind, dann werden wir zu ihrem Spielball…..ohne das wir es merken.

Am besten ist das bei anderen zu erkennen. Bei uns selbst leider nur sehr schlecht. Aber vielleicht kennst Du das auch – der oder die Gegenüber ist sauer und in Kampfstimmung, man macht darauf aufmerksam aber die andere Seite will davon nichts wissen und behauptet in bester Verfassung zu sein. Dabei liegt der Ärger häufig in der Luft und ist deutlich zu spüren.

Noch mal zu dem gut und schlecht. Andere Begrifflichkeiten fallen Managern meistens nicht ein. Und das repräsentiert dann auch ihr Bewusstsein für Gefühle. Sie kennen nichts außer gut oder schlecht. Dabei haben wir in der deutschen Sprache mehr als 200 Begriffe um Gefühle zu beschreiben.

Wenn ich jedoch nicht weiß, welche Emotion gerade in mir stattfindet, wie soll ich mit ihr umgehen? Ich kann sie nur managen, wenn ich sie auch kenne. Deshalb ist Bewusstsein für Emotionen und Gefühle zu schaffen der erste Schritt zu emotionaler Intelligenz.

 

Warum sind Gefühle so wichtig

Wir hatten schon erwähnt, das die Amygdala alle eingehenden Informationen darauf abtestet, ob sie Bedrohungen enthalten. Gleichzeitig erkennt sie aber auch, ob wir in Situationen sind, in denen Bedürfnisse erfüllt werden. Sie schaut also immer etwas in die Zukunft und reagiert darauf. Wird gegen unsere Bedürfnisse agiert, dann kommt es zu einer Stressreaktion. Werden unsere Bedürfnisse erfüllt, dann werden Glückshormone ausgeschüttet und wir erleben ein Glücksgefühl oder zumindest eine höhere Zufriedenheit. Unsere Emotionen und Gefühle sind also eng mit unseren Bedürfnissen verknüpft. Emotional intelligente Menschen können also anhand ihres Zustandes erkennen, was sie gerade benötigen.

Das ist ein wichtiger Punkt, machen doch die meisten Menschen andere für ihre Gefühle verantwortlich. Man sagt dann „Du machst mich wahnsinnig“ oder „ Du nervst“. Damit ist man Opfer und wartet auf eine Veränderung der Situation. Emotional intelligente Menschen hören auf ihre Emotionen und das was sie ihnen sagen wollen. Emotionen geben Rückmeldung über Dich selbst, nicht über andere.

Seine Emotionen zu kennen und zu managen hat viele Vorteile. Ich erkenne Stress und kann mit ihm umgehen. Ich merke, wann ich in einer Fight, Flight oder Freeze Situation bin und weiß wie ich mich dann verhalten muss und wie ich da wieder raus komme. So werde ich emotional stabil und bin kein Spielball meiner Gefühle. Ich kann meine Ängste managen und meine Leidenschaften überblicken und gezielt einsetzen. Ich werde ausgeglichener und lebe bewusster und bin resilienter. Und dafür machen wir diesen Kurs ja!

Dass zwischen den Gefühlen und der Gesundheit starke Zusammenhänge bestehen, konnte in zahlreichen medizinischen Studien jedoch nachgewiesen werden. Besonderes die Psychoneuroimmunologie hat viele Erkenntnisse geliefert. Man weiß noch nicht genau wie, aber es ist klar das negative Gefühle das Immunsystem beeinträchtigen Unbewältigter Stress und Depressionen steigern ‒ vermutlich indirekt ‒ die Anfälligkeit für eine Vielzahl von Infektionskrankheiten.

 

Emotionen sind keine Gefühle

Bevor wir uns der emotionalen Intelligenz zuwenden, schauen wir kurz mal auf die Neurowissenschaften und was diese über Emotionen und Gefühle sagen. Auch wenn Emotionen und Gefühle überall gegenwärtig sind steckt die Erforschung noch in den Kinderschuhen. Und wenn sie den Unterschied googeln werden sie auf viele verschiedene Definitionen stoßen. Das zeigt aber nur, wie wenig wir über die Vorgänge in unserem Körper wissen, wenn es um Emotionen und Gefühle geht.

Einer der Koryphäen der Emotionsforschung ist Antonino Damásio. Er unterscheiden zwischen Emotionen, die er als Körperzustände oder auch somatische Marker beschreibt, und Gefühlen, die das bewusste Wahrnehmen von Körperzuständen und ihre Interpretation darstellen.

Damasio sagt, dass alle Erfahrungen, die ein Mensch in Laufe seines Lebens macht, in einem emotionalen Erfahrungsgedächtnis gespeichert sind. Jede dieser Erfahrungen wird mit einer einfachen Bewertung „positiv“ oder „negativ“ versehen und gespeichert und mit eine Körperzustand verlinkt. Das bedeutet, die Emotionen sind deutlich mit unseren Bedürfnissen und deren Erfüllung oder Nicht-Erfüllung verlinkt. Die Reaktionen bzw die Emotionen sind genetisch festgelegt – sie können aber durch unterschiedliche Erfahrungen ausgelöst werden. Dieses Erfahrungsgedächtnis teilt sein Wissen dann über körperliches Erleben mit, die sogenannten somatischen Marker, der vom Gehirn wieder wahrgenommen wird. So lernt der Mensch im Laufe seiner Entwicklung beispielsweise, den Körperzustand, der mit der reflexartigen Flucht vor einer Gefahr verbunden ist, als Angst wahrzunehmen.

Gefühle dagegen sind Körperwahrnehmungen, welche einer komplexen Verarbeitung in unserem Gehirn unterliegen. Während die Emotionen angeboren sind und ein von außen beobachtbares körperliches Verhalten produzieren, beruhen die Gefühle auf Erfahrungen und sind erlernt.

Die Forschung von Paul Ekman spricht dafür, das Emotionen angeboren sind. Laut Paul Ekman hat jeder Mensch sieben universelle Basisemotionen. Diese Emotionen sind angeboren. In jeder Kultur und in jedem Kontinent konnte Ekman die gleichen Reaktionen auf bestimmte Ereignisse und Situationen erkennen. Die sieben Basisemotionen von Paul Ekman sind: Freude; Trauer; Wut; Angst; Abscheu;  Überraschung und Verachtung.

Diese haben uns etwas zu sagen. Das sind:

    • Angst „Du bist in Gefahr“·     
    • Wut „Jemand hat gegen Deine Grundsätze gehandelt!“
    • Traurigkeit „Du haben etwas Wichtiges verloren/verpasst!“
    • Freude/Glück „Du hast etwas Wichtiges gefunden“
    • Ekel „Ich sollte davon wegkommen“
    • Überraschung „Das habe ich nicht erwartet“

Alles andere neben diesen Emotionen sind demnach Gefühle. Die große Anzahl an Worten, die wir zur Beschreibung einsetzen können spricht für eine höhere Komplexität bei Gefühlen.

Ich nutze im Rahmen der neuro-emotionalen Intelligenz Emotionen und Gefühle synonym. Denn die Werkzeuge die wir für die Veränderung brauchen lassen sich für beide nutzen.

 

Du und ich wir sind eins. Ich kann Dir nicht weh tun, ohne mich zu verletzten.

Mahatma Gandhi

Daniel Goleman - der zweite Schritt

Bewusstsein für Emotionen kann uns helfen, sie besser zu managen. Hier ein Beispiel aus meinem eigenen Leben. Ich war früher zum Beispiel sehr eifersüchtig. Das ist eine sehr starke Emotion, die Logik im Kopf vollkommen zunichte macht. Man ist nicht mehr bei klarem Verstand unser präfrontaler Kortex ist abgeschaltet. Die Emotion regiert. Das ist der Zustand, den Führungskräfte zu fürchten. Man fängt an zu streiten, den Partner anzuklagen und zu beschuldigen. Bei alledem ist einem aber selbst nicht klar, dass man eifersüchtig ist. Man glaubt, man wäre zu Recht ärgerlich. Es ist ja wegen dem anderen.

Bemerke ich aber, das Emotionen über mich etwas aussagen, dann kann ich anfangen damit umzugehen. Ein Schritt mit Emotionen umzugehen, die einen quasi auffressen ist es, sie zu akzeptieren. Viele Leute versuchen sie wegzudrücken oder sie rauszulassen. Sie schreien dann und versuchen ihre Emotionen in Aktion zu bringen. Vielleicht wird etwas zerschlagen oder man hämmert auf etwas ein. Doch weder wegdrücken noch rauslassen helfen, sagen die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse.

Nur das bemerken, das Fühlen und das Zugeben, wie man sich fühlt, hilft. Dann kann man darüber sprechen, Gefühle beschreiben und so die Aktivität unserer Amygdala nachweislich reduzieren. Das ist die gleiche Strategie wie bei der gewaltlosen Kommunikation oder beim Harvard Verhandlungsmodel. Emotionen auf den Tisch legen, ohne jemanden zu beschuldigen. Und wenn wir das mit uns selbst machen, lernen wir mit Emotionen gut umzugehen. Weitere Strategien gibt es übrigens im Seminar „Neuro-emotionale Intelligenz“.

Empathie und soziale Kompetenz

Haben wir die ersten zwei Stufen gemeistert, dann geht es weiter. Wir wenden uns anderen Menschen zu. Erst wenn ich mich kenne, kann ich auch beim anderen erkennen, wie es ihm/ihr geht. Oder anders ausgedrückt, je besser ich mich kenne, je besser kann ich mich in den anderen hinein versetzen.

Ausschlaggebend für diese Fähigkeit ist unser Mentalizing-System und unser Spiegelneuronensystem. Haben sie schon mal gesehen, wie jemand eine Zitrone ist und gemerkt, wie sich ihr Mund zusammen zieht und voller Speichel läuft. Das ist so eine Reaktion des Spiegelneuronensystems. Es spiegelt die Aktivität der Neuronen in unserem Kopf. Schauen wir Freunden bei etwas zu, wird deren Nerzwerkaktivität quasi in unser Gehirn gespiegelt. Wir wissen genau, was beim anderen gerade passiert und in unserem Kopf löst es die gleichen Reaktionen aus.

Das System ist nicht bei jedem gleich gut ausgebildet. Ich kann das durch Nutzung verbessern und entwickeln. Je besser ich das kann, je empathischer kann ich sein. Und dann passe ich auch meine Reaktionen an das Verhalten meines Gegenübers an. Einfühlungsvermögen nennt man das auch oder empathisch mit dem anderen sein. Das ist dann die dritte Stufe der emotionalen Intelligenz.

Nutze ich meine emotionalen Fähigkeiten auch in der Gruppe, erlerne ich Stück für Stück soziale Kompetenz. Ich merke was Einfluss auf den anderen hat, aber auch wie die Firma bzw. die Belegschaft der Firma auf Nachrichten oder Kürzungen reagiert. Es wird klar, was ich tun muss, um Mitarbeiter zu motivieren und stolz auf die Firma zu machen. Und das ist eine Kompetenz, die wir heute dringend brauchen.

Was ist, wenn die Beziehungen nicht gut sind? Die interessantesten Experimente in diesem Bereich, wurden von Herrn Prof. Liebermann durchgeführt. Er hat untersucht, wie sich schmerzliche Beziehungsprobleme von physischen Schmerzen unterscheiden. Dazu legte er Probanden in den Kernspintomographen und zeigte Ihnen einen Film, in dem sich Männchen Bälle zuwarfen. Einer der Männchen war der Repräsentant des Probanden. Auf einmal hörten die anderen Mitspieler auf, den Ball zum Probanden zu werden. Er wurde ausgeschlossen. Und obwohl dies nur eine Computersimulation war, konnte man eine hohe Aktivität im Schmerzzentrum des Gehirns sehen. Im gleichen Zentrum, das auch aktiv ist, wenn man sich ein Bein oder einen Finger bricht, oder wenn man sich den Arm verstaucht. Ob Sie Liebeskummer haben oder sich ein Bein brechen, die Schmerzen sind für Sie gleich.

Diese Schmerzen haben heute viele in unseren Firmen. Dabei ist Mitgefühl aber wichtig für den Teamspirit und die Kultur. Ohne die werden wir es nicht schaffen High-Performance Teams zu erschaffen oder innovative Ideen zu generieren. Nichts ist für die junge Generation so wichtig wie gute Beziehungen und eine gute Atmosphäre.

 

Beziehung können wir auch lernen

Wir haben ein großes Bedürfnis nach Beziehungen. Das ist ein Grundbedürfnis. Jeder will gerne gute Beziehungen haben. Aber jeder lernt im Laufe des Lebens, was man für gute Beziehungen tun muss und wie sie auszusehen haben. Und das ist für alle Menschen doch sehr unterschiedlich.

Der eine glaubt, das gute Beziehungen davon geprägt sind alles gemeinsam zu tun. Der andere denkt, das man auf ihn Rücksicht nehmen soll und wieder ein anderer, dass Beziehungen darauf basieren, dass man den anderen Verhaltensweisen vorschreiben kann. Und weil jeder seine eigene Vorstellung hat, sind Beziehungen häufig so schwer. Viele Menschen kapseln sich deshalb ab, sind distanziert und versuchen gerade auf der Arbeit Emotionen und Beziehungen zu vermeiden.

 Als emotional intelligent bezeichnen wir Leute, die solide und stabile Beziehungen eingehen können, die empathisch sind und mit anderen mitfühlen können, egal wie anders sie sind. Daniel Goleman hat gezeigt, das wir dazu ein hohes Maß an Selbsterkenntnis und Bewusstsein über die eigenen Emotionen haben müssen. So beinhaltet emotionale Intelligenz ein Bewusstsein über die eigenen Emotionen, die Emotionen und Gefühle anderer Menschen und der konstruktive Umgang damit. Die Neuro-Akademie bietet deshalb einen Kurs „Neuro-emotionale Intelligenz“ für Firmen an. Damit Mitgefühl wieder gelebt wird.

Dr. Markus Ramming

Wörter, die verändern

Ein wichtiger Teil der Transformation ist es unsere Kommunikation verändern. Ein wichtiger Teil der Kommunikation sind Wörter. Andere Wörter führen zu einem anderen Leben. 

Warum? Weil Wörter und hier ganz besonders Metaphern ein bestimmtes Denkmuster festlegen und ein Bild aufrufen. Nehmen wir das Wort Steuererleichterungen. Das impliziert, das Steuern eine Last sind, die man leichter machen kann. Ein Wort impliziert also schon eine ganze Ideologie. Nutzen wir das Wort, dann übernehmen wir auch diese Denkweise.

Im Gegensatz dazu können Steuern auch als Mittel gesehen werden, um unser Zusammenleben geordnet ablaufen zu lassen und uns eine Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Die Idee geht mit der Nutzung des Wortes Steuererleichterungen aber abhanden.

Was passiert noch in unserem Kopf? Sie werden nicht allein abgespeichert sondern im verbund mit Erlebnisse, Bewertungen, Gefühle und Verhaltensweisen. Bei jeder Nutzung werden bei Nutzung des Wortes mit aufgerufen und aktiviert. Das ist der Grund, warum wir bei manchen Worten sehr gute oder sehr schlechte Emotionen haben. Je emotionaler das Wort, je größer der Einfluss auf das was im Kopf passiert.

So sind mit dem Wort „Fehler“ häufig Erlebnisse gekoppelt, die wir als schwierig bewerten oder sogar frustrierend, stressig oder ärgerlich. Und so sind auch Emotionen gekoppelt, die einen nicht glücklich machen. Eventuell werden durch die Nutzung des Wortes Fehler sogar schon Widerstände gegen die Situation oder den Nutzer des Wortes ausgelöst. Das passiert im Unterbewusstsein und wir bemerken von den inneren Prozessen meist nichts. Nutze ich jetzt das Wort Fehler dann passiert bei mir im Kopf etwas mit der Bewertung der Situation und das Risiko ist groß, das ich Menschen in einen Zustand bringe, der Kreativität, Veränderungswillen und die kognitive Leistungsfähigkeit mindert.

Ja, werden einige sagen, wir sagen ja nicht nur ein Wort sondern Sätze oder ganze Geschichten. Das ist richtig. Aber häufig nutzen wir Worte die zueinander passen und ähnliche Zustände auslösen und uns an ähnliche Situationen erinnern und ein Gefühl manifestieren. Die akkumulieren und festigen dann einen negativen Zustand.

Als Führungskräfte müssen wir uns deshalb ganz oft fragen „Sind die Worte die ich nutze die richtigen für meine Zwecke? Lösen sie die richtigen Assoziationen aus und aktivieren sie die richtigen Denkmuster“?

Ich habe mich zum Beispiel dazu entschlossen Fehler zu ersetzen. Entweder durch das Wort Missgeschick oder durch das Wort Lernmöglichkeit. Im Gegensatz zu Fehler ist Lernmöglichkeit ist ein Wort das mich motiviert. Ich kann mich entwickeln und neue Möglichkeiten im Kopf finden und das auch in meinem Gegenpart bewirken.

Für Veränderungsprozesse müssen wir uns also gut überlegen, welche Wörter wir denn nutzen wollen, um Zustimmung und Motivation zu wecken. Hier meine besonderen Lieblinge.

Statt Fehler nehme ich Lernmöglichkeit

„Wer ist schuld“ ersetze ich durch „Wie ist das passiert?“

Statt „Problem“ sage  ich „Verbesserungsmöglichkeit/Herausforderung“

„MA sind im Widerstand“ ersetze ich durch „MA mit Bedenken“

„Ich bin verzweifelt“ wird ersetzt durch „Ich bin kurz vor der Wende“

„Das ist unmöglich“ durch “ Mal sehen, wie wir das hinkriegen“

Ich weiß, es gibt noch viel mehr. Lasst uns einfach jeden Tag ein paar neue nutzen!

Was sind eure Lieblingswörter die euer Denken unterstützen?

Ein wichtiger Teil der Transformation ist es unsere Kommunikation verändern. Ein wichtiger Teil der Kommunikation sind Wörter. Andere Wörter führen zu einem anderen Leben.

Hirnregionen

Mittlerweile weiß man recht gut, welche Funktionen die einzelnen Bereiche des Gehirns haben. Ich stelle hier nur kurz die Teile und Regionen dar, die für das Verständnis von Führung wichtig sind. Ein Fakt ist für das Verständnis des Gehirns aber sehr wichtig. Keine der Regionen arbeitet für sich allein. Alle Teile und Regionen sind immer mit vielen anderen verbunden und arbeiten zusammen. Regionen spielen also bei manchen Themen eine entscheidende Rolle, man darf aber nie vergessen, das sie immer mit anderen Teile arbeiten. Funktionen können so nicht eindeutig definiert und lokalisiert werden. Für mehr Informationen verweise ich auf das Buch von Klaus Grawe (Grawe, 2004)

Hippocampus und Gedächtnis

Zu trauriger Berühmtheit wurde in den 50er Jahren Henry Molaison, der unter extremen epileptischen Anfällen litt (Squire, 2009). Ihm wurde 1953 chirurgisch ein großer Teil des medialen Temporallappens, inklusive 2/3 des Hippocampus, entfernt. Die Anfälle gingen daraufhin zurück, gleichzeitig verlor er aber auch sein Vermögen, sich Dinge zu merken. Er konnte sich an nichts erinnern, was er nach der Operation erlebte oder tat. Dafür konnte er sich an Dinge, die längere Zeit zurück lagen, sehr gut erinnern. Es war sogar so, dass er Dinge besser erinnerte, je weiter sie zurück lagen. Er konnte sich auch im Spiegel nicht mehr erkennen, wohl aber auf alten Fotos. Seine Sprache war davon unbeeinflusst und auch seine Intelligenz war durchschnittlich. Er konnte neue Bewegungsabläufe, wie z.B. Golf erlernen, sich jedoch nicht daran erinnern.

Hippocampus

Henry M. hat so entscheidend zu einer Klärung des Gedächtnisvorgangs beigetragen. Teile seines episodischen Gedächtnisses gingen bei der Operation mit dem Verlust des Hippocampus verloren. Sein Kurzzeitgedächtnis ging verloren, das Langzeitgedächtnis blieb jedoch intakt. Offensichtlich speichern wir diese Informationen an verschiedenen Orten. Interessant auch, dass sein Arbeitsgedächtnis und sein prozedurales Gedächtnis (oder auch implizite Erinnerungen) intakt blieb, denn er konnte ja neue motorische Fähigkeiten erlernen.

Wir können daraus folgern, dass der Hippocampus wichtig ist für die Speicherung von episodischen Erinnerungen und deren Konsolidierung. Und er scheint auch wichtig für die Bildung des räumlichen Gedächtnisses. Das wird besonders durch die Studie der Taxifahrer in London unterstützt (Maguire, 2011), deren Hippocampus sich während der Ausbildung erheblich vergrößert. Er speichert die wichtigen Dinge, die im Laufe der Zeit in andere Orte des Gehirns übertragen werden, dem Langzeitgedächtnis.

Interessant am Gedächtnis ist, das nur ein Bruchteil der Informationen unserer Umwelt abgespeichert werden. Es werden nur die für die Person wichtigen Informationen abgespeichert. Wichtig sind die Informationen, die konsistent ins Weltbild passen (siehe ACC) und die Informationen, die zur Zielerreichung (siehe PFC) beitragen. Und diese sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Das erklärt, warum wir andere Menschen häufig nicht verstehen und warum andere von unserem Weltbild nichts halten. Wichtig für uns als Führungskräfte ist die Frage: Wie erschaffen wir ein ähnliches Bild in den Köpfen unserer Mitarbeiter?

Präfrontaler Kortex (PFC)

Auch hier gibt es einen Menschen, den ein Unfall zur Berühmtheit machte. Phineas Cage war Vorarbeiter bei der Bahn. Im September 1848 ging eine Sprengung schief und eine 3cm dicke und 1m lange Eisenstange bohrte sich unterhalb seines Auges in den Schädel und kam oben wieder heraus. Dabei wurden große Teile seines Präfrontalen Kortex zerstört.

Vor seinem Unfall galt Phineas Cage als ausgeglichen, höflich und smart. Darnach beschrieb ihn sein behandelnder Arzt, Dr. John Martyn Harlow, als unbeständig, sprunghaft, respektlos und ausschweifend. Er konnte keine Pläne für die Zukunft machen und hatte hohe Stimmungsschwankungen. Frauen wurde geraten, wegen seiner derben Ausdrucksweise nicht mehr in seine Nähe zu kommen.

Der präfrontale Kortex ist wohl die Region im Hirn, in der sich Menschen am meisten von Tieren unterscheiden. Er ist mit allen Hirnregionen gut vernetzt und erhält vorprozessierte Signale. Er ist offensichtlich für die Verarbeitung komplexer Informationen zuständig.

PFC

Diese und viele andere Untersuchungen zeigen, dass der Präfrontale Kortex einige wichtige Funktionen besitzt und viel von dem steuert, was uns als Person ausmacht. Zum einen ist er ein wichtiges Kontrollinstrument. Es hält unsere Emotionen unter Kontrolle, bzw unsere Reaktionen auf unsere Emotionen. Zum anderen ist er wichtig für die zielgerichtete Planung, bzw für die motivationale Ausrichtung der Person und deren Ausführung.

Dabei haben der linke und der rechte PFC unterschiedliche Funktionen und sind auch bei verschiedenen Menschen unterschiedlich aktiv. Grob gesagt beherbergt der linke PFC positive Ziele und generiert bei Aktivität positive Emotionen. Ist der rechte PFC werden Vermeidungsziele anvisiert und es kommt zu negativen Emotionen.

Amygdala

Die Amygdala (zu deutsch Mandelkern) stellt eine entscheidende Komponente im Gefahrenabwehrsystem des Gehirns dar. Stellen Sie sich vor, Sie werden mit einem lauten Knall konfrontiert. Über den sensorischen Thalamus werden diese Signale zum lateralen Teil der Amygdala geleitet und als Gefahr interpretiert. Deshalb erschrecken wir auch in diesen Momenten. Denn sofort  mit dem Knall, wird von der Amygdala ein Abwehrreflex initiiert. Durch das autonome Nervensystem beeinflusst,wird Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet. Unser Blutdruck und unsere Herzfrequenz gehen nach oben.

Zugleich kommt es zu einer Weiterverarbeitung der eingehenden Signale im sensorischen Cortex. Wir sehen ein altes Auto, bemerken vielleicht die lauten Motorgeräusche und schließen aus der eingehenden Analyse, dass der Motor eine Fehlzündung hatte. Dabei ist auch der Hippocampus involviert, der Kontextinformationen untersucht. Er trägt zur Analyse bei indem er die Gesamtsituation (wir sind zum Beispiel auf einer Oldtimer-Show) einbringt. Mithilfe der verarbeiteten Informationen, wird im präfrontalen Kortex eine Entscheidung getroffen: Eventuell ist die Situation ist nicht riskant und wird so an die Amygdala weitergeleitet. Sofort wird eine Entspannung eingeleitet und der Abwehrreflex wird runterreguliert.

Amygdala

Wäre der Präfrontale Kortex jedoch zu der Schlussfolgerung gekommen, es bestände eine Gefahrensituation, dann wäre die Amygdala weiter aktiv gewesen und hätte mit der Abwehr- und Schutzreaktion weiter gemacht. Die Muskeln wären weiter angespannt, der Blutdruck und die Herzfrequenz hoch und die Körpertemperatur erhöht. Dieser Zustand ist immer dann hilfreich, wenn wir wirklich in Gefahrensituationen kommen. Ein ständiges Verharren in diesem Zustand ist jedoch nicht gesund und sollte vermieden werden.

Auf der Arbeit erleben mehr und mehr Menschen eine solche Gefahrensituation. Man wird schlecht bewertet, angemacht, gemobt, gehänselt und vieles mehr. Dadurch verharren Mitarbeiter in dieser Gefahrensituation und es entwickelt sich Stress. Die negativen Folgen von Stress auf die Leistung sind hoffentlich hinlänglich bekannt. Mehr Informationen zur Amygdala und Angst erhalten Sie bei LeDoux (LeDoux, 2001) oder unter „Angst und Stress reduzieren“.

Der anteriore zirculare Kortex (englisch: anterior cingulate Cortex; ACC)
Er wird immer dann aktiv, wenn man mit konflikthaften Informationen umgehen muss. Konflikthaft Informationen sind solche, die zu den motivationalen Zielen oder den Aufgaben die man erledigt nicht passen. Werden also Situationen wahrgenommen oder Handlungen initiiert die den Zielen zuwider stehen, dann wird der ACC aktiv. Er ist ein Überwachungssystem für Inkonsistenzen von Wahrnehmungen, Erwartungen und Zielen. Detektiert er eine solche Inkonsistenz, dann werden alle Kräfte des Hirns mobilisiert, um die Beibehaltung von Zielen zu ermöglichen. Der ACC und der PFC arbeiten eng zusammen. Ist der ACC unteraktiviert, dann unternehmen die Menschen nichts, um an der Situation etwas zu verändern. Sie haben resigniert. Ist der PFC unteraktiviert, dann schaffen die Menschen es nicht, ein zielgerichtetes Verhalten zu aktivieren (Davidson, 2016). Bei Depression ist der ACC unteraktiviert. Sie reagieren deshalb nicht mehr auf kritische Situationen und mobilisieren keine Kräfte, um etwas zu ändern (Drevets, 2008).

ACC

Der ACC scheint der entscheidende Teil für die Konsistenztheorie von K. Grawe (Grawe, 2004) zu sein. Konsistenz bezieht sich auf die Vereinbarkeit von neuronalen/psychischen Prozessen und zielt auf das psychische Funktionieren ab. Konsistenz ist den Grundbedürfnissen vorgelagert, die sich auf die Interaktion mit der Lebensumgebung bezieht. Es gibt 4 Grundbedürfnisse, Orientierung und Kontrolle, Lustgewinn/Unlustvermeidung, Bindungsbedürfnis, Selbstwerterhöhung/-schutz. Werden die Bedürfnisse häufig erfüllt, entwickeln sich annähernde motivationale Ziele. Bei Verletzung der Bedürfnisse entstehen dagegen häufig Vermeidungsschemata. Bei Inkonsistenz stören sich die gleichzeitig aktiven psychischen Prozesse. Zum Beispiel möchte man gerne mit einem Partner zusammen sein. Ins Spiel kommt dann auch unser Bedürfnis, die Situation kontrollieren zu wollen. Dadurch leiden aber wiederum die Beziehung und damit unser Bindungsbedürfnis. Diese Inkonsistenzen treten immer wieder im Leben auf. Nur wenn das Individuum erfolgreiche Mechanismen der Konsistenzregulation entwickelt hat, dann entwickelt es sich zur stabilen Persönlichkeit. Konsistenz rückt deshalb mehr und mehr in den Fokus der Führung.

Literaturverzeichnis

Baer, M., 2015. Neuroscience: Exploring the Brain. 4 Hrsg. s.l.:Lippincott Williams&Wilki.

Davidson, R., 2016. The Emotional Life of Your Brain. s.l.:Goldmann.

Drevets, W. C., 2008. The Subgenual Anterior Cingulate Cortex in Mood Disorders. CNS Spectr, 13 8, p. 663–681.

Grawe, K., 2004. Neuropsychotherapie. s.l.:Hogrefe.

Hebb, D., 1949. The organization of behavior. A neuropsychological theory. s.l.:Erlbaum.

Kandel, E., 2006. Auf der Suche nach dem Gedächtnis. Die Entstehung einer neuen Wissenschaft des Geistes.. s.l.:Siedler.

LeDoux, J., 2001. Das Netz der Gefühle. s.l.:Deutscher Taschenbuch Verlag.

Maguire, E. A., 2011. Acquiring “the Knowledge” of London’s Layout Drives Structural Brain Changes. Current Biology, 20 12, p. 2109–2114.

S., H.-H., 2009. Equal numbers of neuronal and nonneuronal cells make the human brain an isometrically scaled-up primate brain.. J Comp Neurol., 10 Apr , pp. 532-41.

Squire, L., 2009. The legacy of patient H.M. for neuroscience. Neuron , 1, pp. 6-9.

Lebenslang lernen

Lernen ist eine der großen Aufgaben des Gehirns. Wir lernen, seitdem wir ein Baby waren. Viele denken jetzt an die Schule und das Pauken von Vokabeln oder Jahreszahlen. Doch wir lernen wesentlich mehr als nur Sprachen und ein paar besondere Fähigkeiten. Wir lernen auch die Gesetzmäßigkeiten unserer Welt. Wir lernen Lebensregeln, Einstellungen, Vorurteile und vieles mehr, das unbewusst unser Leben bestimmt. Wir übernehmen dabei oft Verhaltens und Denkweisen unserer Bezugspersonen und der Gruppen in denen wir uns wohl fühlen. Und viele dieser Denkweisen ist uns nicht bewusst. Sie machen aber einen Großteil unserer Persönlichkeit aus.

Lernen macht flexibel

Als Kind haben Sie vielleicht öfter mit Bauklötzen gespielt. Dabei sind Ihnen des öfteren der in oder andere aus der Hand gefallen. Dabei ist Ihnen aufgefallen, dass die Klötze immer nach unten fallen, niemals nach oben. Schwupp, schon haben Sie eine physikalische Regel gelernt und im Gehirn abgespeichert. Ohne, das Ihnen das eigentlich bewußt ist. Genauso haben wir laufen gelernt, sprechen, verhandeln oder auch Durchsetzungsvermögen oder Resilienz. 

So haben wir auch gelernt wie wir mit Problemen und Herausforderungen umgehen. Oder mit älteren oder jüngeren Personen. Was machen wir im Stress? Die meisten unserer Denkweisen und Handlungen sind erlernt. 

Wir Menschen haben ein Gehirn, das so unfertig ist wie sonst keines in der Evolution. Kaum etwas ist wirklich fest verdrahtet, wir müssen alles lernen. Schauen Sie sich ein neu geborenes Pferd an, das kann schon nach ein paar Stunden laufen. Wie lange brauchen Babies? Rund ein Jahr, bis sie einigermaßen auf den Beinen stehen können. Wir müssen uns die einfachsten Dinge hart erarbeiten.

Doch dieser vermeintliche Nachteil, ist ein Vorteil. Das Gehirn ist unglaublich flexibel und passt sich wunderbar an alle Situationen an. Und lernt, sich mit allen neuen Situationen zu arrangieren. So entwickeln wir uns immer weiter. Besser gesagt, wir haben das Potential uns immer weiter zu entwickeln. Denn Entwicklung passiert nicht einfach so. Wir müssen etwas dafür tun. Nur wenn das Gehirn herausgefordert wird, werden auch neue Informationen gespeichert.  Das unser Gehirn sich permanent weiter entwickeln kann, nennt man übrigens Neuroplastizität.

Was passiert beim Lernen im Kopf

Was passiert eigentlich bei Lernen? Man geht heute davon aus, dass die Information in den Netzwerken der Nervenzellen liegt. Ständig werden neue Synapsen gebildet oder abgebaut, wenn wir etwas lernen. Das konnte erst vor einigen Jahren in einem tollen Experiment in vivo gezeigt werden. Einer Katze wurde ein Auge zugeklebt. Das bedeutet, das zweite Auge mußte mehr leisten und neue Dinge lernen. Man konnte nun schon innerhalb weniger Tage sehen, wie sich neue Synapsen im visuellen Kortex bilden, um auf die veränderte Situation einzugehen.

Wir sehen das aber auch in Vergleichen. Studien mit eineiigen Zwillingen konnten zeigen, das ihre Gehirne strukturell sehr unterschiedlich sind. Sie haben andere Informationen aufgenommen und andere Dinge gelernt. Dadurch haben sich die Nervenzellen zu anderen Netzwerken zusammengeschlossen und somit auch die Gehirne anders entwickelt. 

Vergleichen wir die Gehirne von exzellenten Musikern mit anderen Leuten, dann sehen wir ebenfalls deutliche Unterschiede in den Regionen, die für das Musizieren wichtig sind. Also motorische und auditive Regionen. Diese sind größer und komplexer. Weil sie eben häufiger genutzt werden. 

Damit Sie lernen können und es zu einer Neuverdrahtung von Synapsen kommt, benötigen Sie unter anderem Dopamin. Es ist quasi der molekulare Helfer des Lernens. Es wird hauptsächlich vom Nucleus accumbens ausgeschüttet, wenn Sie erwarten etwas Neues zu lernen oder zu entdecken. Wird Ihre Erwartung erfüllt, dann wird die neue Information sofort abgespeichert. Und das macht uns glücklich.

Dabei wird das Hirn zu dem, für das wir es benutzen. Gebrauchen wir es zum Problemlösen, wird es ein Problemlöser. Gebrauchen wir es zum Konsumieren von Informationen, dann wird es ein Konsument von Informationen. Wenn wir uns weiter entwickeln wollen, dann kommt es sehr darauf an, was wir lernen.

Was wir lernen

Wen wir mal aufzählen sollen, was wir gelernt haben in unserem Leben, dann fällt den meisten Leuten ein, das sie laufen, sprechen und viele Dinge in der Schule gelernt haben. Das können Sprachen sein, Matheregeln oder naturwissenschaftliche Fakten. Meisten also explizites Wissen, das wir jederzeit abrufen können.

Der größte Teil, den wir gelernt haben ist jedoch gar nicht abrufbar. Implizites Wissen, zu dem wir keinen direkten Zugang haben. Dazu zählen Lebensregeln, Einstellungen oder Glaubenssätze, die unser Leben bestimmen. Aber auch Charaktereigenschaften, die uns nicht bewusst sind. Wir reagieren wir auf Druck, oder auf Ehrlichkeit? Ich bemerke an mir, aber zum Glück auch an Anderen, das viele Kommentare und negative Bemerkungen über Sachverhalte, als persönliche Angriffe interpretiert werden. Und man reagiert darauf gereizt. Andere haben brillante Ideen, trauen sich aber nicht, sie zu äußern, während andere ihre (nicht so tollen) Ideen groß und breit ausrollen und überall zum Besten geben. Man schätzt, das mehr als 90% unseres Lebens von unsere Unterbewusstsein gesteuert werden. Ich plädiere deshalb dafür sein Unterbewusstsein besser kennen zu lernen und zu erfahren, wie es lernt. Damit wir unser Unterbewusstes wenigstens ein wenig unter Kontrolle bringen können. Aber vor allen Dingen, voller Selbstbewusstsein agieren können. Das ist eine der vordringlichen Aufgaben des Neuroleadership.

Wie wir lernen

Herr Gerald Hüter sagt, unser Kopf wird zu dem, mit dem wir uns beschäftigen. Ich finde, über diesen Satz sollte man einmal ausgiebig nachdenken, denn er hat viele Konsequenzen. Es bedeutet, das wir viele Dinge gelernt haben, weil sich unsere Umgebung damit beschäftigt hat und wir quasi mitgerissen wurden. So haben wir viele Einstellungen von unseren Eltern übernommen.

Ich habe eine Bekannte, die ich sehr schätze, weil sie immer ihr eigenes Ding macht. Sie kümmert sich wenig darum was andere sagen oder von ihr halten. Jetzt hat sie auch eine Tochter, die vor ein paar Jahren anfing vegan zu leben. Und die ganze Familie ist dagegen und meckert. Meine Bekannte ist fast ausgeflippt, weil sie einfach gerne Fleisch und Käse ißt. Und sie sagt: „Das hat meine Tochter nicht von mir!“. Stimmt, das Thema ist ein anderes, aber das WIE ist genau das gleiche. Da machen Mutter und Tochter einfach ihr Ding, gegen jeden Widerstand. Das gibt es in vielen Familien, wird aber auf den ersten Blick nicht so erkannt.

Wir übernehmen also gern Verhaltensweisen und Denkmuster, einfach weil wir ihnen immer begegnen. So entsteht Kultur und wird auch so weiter gegeben. Zeit spielt also eine wichtige Rolle beim Lernen.

Weiterhin müssen wir Herausforderungen begegnen und wir müssen Ziele verfolgen, damit sich neue Netzwerke bilden. Das was wir schon gelernt haben, ist schon in unseren Netzwerken repräsentiert. Erst wenn wir neuen Situationen begegnen, haben wir die Möglichkeit etwas Neues zu lernen. So können wir für jedes Problem dankbar sein, denn wir können daraus was lernen und daran wachsen.

Eine wichtige Voraussetzung zum Lernen ist Fokus. Ohne das wir konzentriert bei der Sache sind, ist lernen nicht möglich. Denken Sie nur an die vielen Stunden in der Schule, in der sie zugehört haben, aber am Ende gar nichts hängen geblieben ist. Bei mir war das zumindest so. Jetzt reicht oft eine Viertel-Stunde. Wenn ich etwas wissen will und begreifen möchte, wie etwas funktioniert, geht lernen ganz schnell. Aber man sollte voll und ganz bei der Sache sein. Und das ist heut zu Tage nicht so einfach.

Meta-Lernen

Der Satz von Gerald Hüter sagt aber auch, das wir aufpassen müssen, womit wir uns beschäftigen. Denn dazu bilden wir auch die entsprechenden Netzwerke. Beschäftigen wir uns den ganzen Tag mit Problemen oder Fehlern, dann fördern wir die Bildung von Problem bzw Fehlernetzwerken. Beschäftigen wir uns mit den negativen Aspekten unserer Kollegen, da stärken wir Netzwerke, die Fehler bei unseren Kollegen entdecken. Die richtigen Dinge zu lernen fordert Planung. Denn wir lernen viel von unserer Umgebung. Und die müssen wir bewusst wählen genauso, wie wir uns mit Dingen beschäftigen möchten.

Eine der wichtigsten Dinge im Leben ist es zu Lernen, wie wir sind. Ich glaube, wir werden uns zwar nie vollkommen kennen lernen, aber jedes neues Stück vom Puzzle ist ein Schritt zu mehr Glück und Zufriedenheit. Wenn ich erkenne, was mich wirklich treibt und glücklich macht, dann kann ich das aktiv verfolgen. Wenn ich weiß, wie meine Reaktionen auf andere wirken und warum sie da sind, kann ich aktiv mit ihnen arbeiten. Ich glaube es gibt nichts besseres als sein Innerstes mehr und mehr zu begreifen. Das ist eine echte Voraussetzung um eine gute Führungskraft zu sein.

Und die Selbsterkenntnis lässt uns auch begreifen, wie wir gelernt haben und warum. Es läßt uns die wichtigen Faktoren erkennen, und wie wir diese in unsere Arbeitswelt einbauen können. Ich nenne das Meta-Lernen. Lernen wie wir am besten Lernen und uns entwickeln können. Wir erkennen wie unsere Mitarbeiter effektiver lernen und sich verbessern.

Wenn wir als Führungskräfte mehr Wert darauf legen, dass unsere Mitarbeiter lernen, wie und was unsere Mitarbeiter lernen, dann können wir die Entwicklung unserer Firma und auch die Stimmung in der Firma nachhaltig beeinflussen. Und das ist mit einmal nicht getan. Es dauert ein ganzes Leben.

Kreativität entfesseln

Veränderungen in der Wirtschaft gehen immer schneller vor sich. Die Produktzyklen werden immer kürzer. Kam ein neues Auto vor 30 Jahren alle 12 Jahre auf den Markt, so sind es mittlerweile alle 5-7 Jahre. Kreativität, die Basis aller Innovationen, ist der Motor der Ökonomie. Aber nicht nur in der Wirtschaft ist Kreativität gefragt. Auch in  unserer Gesellschaft spielt sie eine immer größere Rolle. Kreative Menschen genießen einen besonderen Status, egal ob in der Kunst, im Marketing oder im Sport. Dabei ist Kreativität nicht nur in besonderen Berufen wichtig. Kreativ müssen wir in allen Bereichen der Firma sein, ob das jetzt Produktion, Administration oder Logistik ist. Ohne Kreativität keine Neuerungen und Verbesserungen.

Einer der schlimmsten Irrglauben unserer heutigen Zeit ist, dass nur wenige Menschen mit Kreativität gesegnet sind. Total falsch! Jeder kann kreativ sein. Aber Kreativität, die man nicht nutzt, kann sich nicht entwickeln. Sie verkümmert und man hat den Eindruck man hätte keine Ideen. Doch je mehr man sie nutzt, je mehr blüht sie auf.

Was ist denn kreativ?

Viele Wissenschaftler haben sich mit einer Definition abgemüht, aber es hat sich bis jetzt keine der Definitionen durchgesetzt. Auf jeden Fall beinhaltet Kreativität einen schöpferischen Akt, der etwas Neues erfindet und der ein Denken „out of the box“ verlangt. Kreativität ist ein mentaler, schöpferischer Prozess, der neue Ideen in die Welt bringt. Wissenschaftler unterscheiden zwischen alltäglicher und außergewöhnlicher Kreativität. Alltägliche Kreativität ist die Neugestaltung des Wohnzimmers oder die Improvisation bei der Zubereitung eines leckeren Essens. Außergewöhnliche Kreativität ist die auf der Ebene von Fachleuten und Genies, in der Lösungen gefunden werden, die es noch nie auf der Welt gegeben hat. Die Übergänge sind jedoch fließend, doch ist die außergewöhnliche Kreativität nicht nur für die kreative Person von Bedeutung, sondern auch die Allgemeinheit.

Gehirn & Kreativität

Das Gehirn spielt bei der Kreativität eine große Rolle. Die Neurobiologie zeigt uns, dass eine besondere Form von Denken gefragt ist. Wir sind auf der Arbeit oft konzentriert und fokussiert. In diesem Modus kann man im Gehirn Beta-Wellen messen. Sind wir jedoch kreativ, dann sind Alpha-Wellen zu messen. Das ist auch der Zustand, den Wissenschaftler häufig mit „Default“ Zustand bezeichnen. Das Gehirn spring von einem Gedanken zum anderen. Andere nennen es „Mind wandering“. Hat man sich lange mit einem Thema beschäftigt, dann läuft in diesem Zustand die Suche unbewusst weiter. Man verbindet bestehende Informationen im Gehirn, zu noch nie dagewesenen Informationen, zu etwas Neuem. Entspannt, einfach sein Gehirn treiben lassen, ist deshalb eine wichtige Voraussetzung für Kreativität.

Kreativität ist ein Prozess

Kreativität ist nicht allein der Moment der spontanen Eingebung. Es stimmt, es gibt diese Momente, die für uns wie Aha-Effekte wirken und augenscheinlich ohne Grund auftauchen. Jede Eingebung ist das Resultat eines kreativen Prozesses, der einige Stunden oder auch Wochen dauern kann. Wenn Sie wissen, wie er funktioniert, dann können Sie sich in Zukunft viel Zeit mit der Ideenfindung sparen. Hier sind die einzelnen Schritte:

1. Frage oder Problemformulierung
Die richtige Frage ist bei der Kreativität unglaublich wichtig. Häufig sind Fragen nicht spezifisch genug und zu allgemein. Sie sind für unser Hirn zu komplex. Stellen Sie also möglichst einfache Fragen.
2. Informationssammlung
In dieser Phase sammeln wir alle Informationen zu diesem Thema. Damit aktivieren wir die notwendigen Netzwerke in unserem Gehirn und fügen weitere wichtige Informationen hinzu.
3. Inkubation
Anschließend machen wir mal bewusst etwas ganz anderes. Wir gehen spazieren, lesen ein Buch oder backen einen Kuchen. Dabei denkt das Hirn unbewusst über die Problemstellung nach. Es arbeitet, ohne dass wir etwas davon merken.
4. Einsicht
Und plötzlich kommt da diese tolle Idee, oder besser noch die vielen Ideen, die eine mögliche Lösung darstellen. Wann sie kommt, kann man nicht genau sagen.
5. Optionen bewerten und Auswahl.
Diese erhaltenen Optionen bewerten wir und suchen die beste Option aus.
6. Implementierung
Hier kommen wir ins Tun und implementieren die beste Option.

Insgesamt können Sie an drei Komponenten ansetzen, um Ihre Kreativität zu erhöhen:
– Expertise: tiefes Wissen, um alle Fakten zusammen zu tragen
– Kreatives Denken: Fähigkeit, um in der Vorstellung Probleme zu lösen
– Motivation: Energie, um mit einer Aufgabe bis zum Ende durchzuhalten

Blockaden

In unserer Gesellschaft gibt es eine Unmenge an mentalen Blockaden, die unsere Kreativität hemmen. Hier kurz die wichtigsten:
– Die Überzeugung: Ich bin gar nicht kreativ! Das ist Unsinn. Jeder hat die Anlage kreativ zu sein. Aber man muss üben und sie nutzen.
– Für jedes Problem gibt es nur eine richtige Antwort. Das ist Unsinn. Es gibt zu jedem Problem eine Unmenge an Lösungen.
– Das ist doch nicht logisch. Viele glauben, eine Lösung müßte logisch sein. Genau, das sind kreative Lösungen meist nicht. Deshalb sind sie kreativ.
Sei mal praktisch. Dieser Satz ist der Killer jeder Kreativität. Kreativität ist genau das Gegenteil. Nicht logisch und auf den ersten Blick auch gar nicht praktisch.
– Strikte Zielorientierung, fixe Lösungswege und Prozess von denen man nicht abweichen möchte
– Starke Bewertungsängste hemmen die Kreativität
– Gedankliche Schranken und Glaubenssätze sind vielleicht die größten Hemmschuhe für Kreativität. Werte und Normen verhindern ein Denken in verschiedene Richtungen, weil man diese im Kopf gar nicht denken darf. Sie kommen durch Erziehung oder kulturbedingte Zwänge zustande.

Diese Blockaden sind richtige Killer. Lassen Sie sich davon nicht irre machen. Im Neuroleadership versuchen wir deshalb, diese Blockaden zu erkennen und in kreative Energien zu verwandeln.

Wie Sie ihre Kreativität steigern können?

  • Halten Sie sich an den Prozess. Beschäftigen Sie sich mit dem Thema aber lassen sie dem Gehirn auch Raum, darüber nachzudenken. Es braucht Inkubationszeit.
  • Beschäftigen Sie sich weniger mit sich selbst. Beschäftigen Sie sich mit der Erforschung der Umgebung
  • Versuchen Sie jeden Tag über etwas zu staunen und etwas Neues zu entdecken. Schreiben Sie täglich auf, worüber Sie erstaunt waren
  • Versuchen Sie, mindestens einen Menschen pro Tag in Erstaunen zu versetzen
  • Wenn Sie einen Funken Interesse verspüren, folgen Sie dem Gefühl
  • Beginnen Sie jeden Morgen mit einem konkreten Ziel, auf das Sie sich freuen können
  • Alles, was sie gut tun, bereitet Freude (verwandeln Sie Alltagsaktivitäten so, daß sie Freude bereiten)
  • Erhöhen Sie die Komplexität einer Aufgabe, wenn Sie unterfordert sind

Glück und Zufriedenheit

Glücklich sein wollen wir alle, oder sagen wir fast alle. Doch was macht uns glücklich und was verschafft uns das gute Gefühl? Wir wissen mittlerweile sehr sicher, das glücklich sein, nichts mit Glück zu tun hat. Wir können unseren Zustand selber beeinflussen. Glück kommt nicht aus der Luft geflogen und setzt sich zu dem einen oder anderen. Glück empfinden wir, wenn bestimmte Botenstoffe im Hirn ausgeschüttet werden. Diese Ausschüttung können wir aktiv beeinflussen.

Dopamin & Endorphine

Eines der wichtigsten Botenstoffe in unserem Kopf ist Dopamin. Dopamin wird immer dann ausgeschüttet, wenn wir etwas Neues lernen. Sei es Klavier spielen, Fahrrad fahren oder einfach nur ein neues Lied lernen. Dopamin führt dazu, dass sich im Hirn neue Strukturen bilden können. Es wird auch dann ausgeschüttet, wenn wir neue Lebensumstände zu bewältigen haben und dies mit Erfolg abschließen. Weil genau das Lernen ist. Dabei führt allein die Erwartung des positiven Abschlusses führt zu einer Dopaminausschüttung. Und das empfingen wir als Glück.

Ganz deutlich wird die Funktionsweise der Botenstoffe bei sportlichen Aktivitäten. Kletterer, die eine schwierige Passage durchqueren, oder Läufer, die eine besonders schnelle Zeit laufen wollen. Sie alle werden schon während der Ausführung gepuscht und erleben dann bei Erreichen ein wahres Hochgefühl und anschließend eine tiefe Zufriedenheit.

Für die Zufriedenheit sind endogene Opiate zuständig. Sie werden dann ausgeschüttet, wenn wir etwas abgeschlossen haben. Eine Herausforderung, die wir gemeistert haben, oder ein schwieriges Problem, dass wir gelöst haben. Dann setzt die Entspannung ein, es kommt zur Erholung und Regeneration. Wir erfahren Harmonie und eine tiefe Zufriedenheit.

Dopamin wird aber auch dann ausgeschüttet, wenn wir etwas schönes erleben und etwas Gutes in unserer Umgebung passiert. Wenn wir etwas Gutes essen oder trinken, wenn andere uns loben oder wenn wir etwas geschenkt bekommen. Das kann auch der Bonus oder die Gehaltserhöhung sein. Und sie merken, das sind alles extrinsische Faktoren. Dinge, die von außen auf uns einwirken.

Glück & Zufriedenheit

Das Glück, das wir empfinden, wenn wir etwas geschenkt bekommen oder etwas köstliches Essen kann unseren ganzen Körper gefangen nehmen. Wir könnten bei diesen extrinsisch Motivatoren jubeln vor lauter Glück. Es ist aber leider nur von kurzer Dauer.

Das Glück, was wir verspüren, wenn wir ein Projekt abgeschlossen haben oder eine schwierige Situation gemeistert haben ist nicht so überschwenglich. Dafür dauert es länger an. Das sind die Situationen und Erfahrungen, die uns zufrieden machen. Sie sind intrinsisch motiviert.

Wir können den starken Glücksmoment, oder auch die tiefe Zufriedenheit als Glück interpretieren. Beide sind notwendig, um ein ausgeglichenes Leben zu führen. Was in jedem Fall sicher ist: Glück hat ganz viel mit Bewegung und mit Machen zu tun. Wir erfahren es im Umgang mit der Umwelt und der damit verbundenen Interaktion. Damit wir in Bewegung kommen, muß das, was wir tun, uns Spaß und Freude bereiten. Sonst tun wir es nicht mehr. Dies wiederum hängt ab, von unserer Prägung und von den Erfahrungen, die wir gemacht haben.

Bedürfnisse

Eine andere Weise, um auf das Glück zu schauen sind unsere Bedürfnisse. Jeder Mensch wird mit gewissen Bedürfnissen geboren. Die Wissenschaften gehen von 4 oder 5 Grundbedürfnissen aus. Jede Bedürfniserfüllung führt zu Glücksgefühlen, jede Bedrohung der Bedürfnisse zu Angst und Unzufriedenheit. Die 4 Grundbedürfnisse nach Epstein sind:

Beziehungen: Sie sind nach Glücksforschern der wichtigste Bestandteil von Glück. Der, der stabile glückliche Beziehungen hat, braucht im Grunde kaum mehr als das. Gute Beziehungen helfen einem über alles hinweg. Das Glücksgefühl kommt aber nicht durch Dopamin sondern durch Oxytocin zustande. Das Beziehungshormon, das uns glücklich macht, sensibel, lernfähig und ausgeglichen.

Spaß und Freude: Ich setze das Bedürfnis gleich mit den extrinsischen Dingen, die ich von anderen erhalten kann oder mir zugeführt werden können. Ein gutes Glas Wein, ein Lob oder ein aufmunterndes Tätscheln auf den Rücken. All das bewirkt eine große aber kurze Dopaminausschüttung.

Selbstwert: Ich möchte wissen, das ich ein wichtiger Bestandteil der Gruppe bin, das ich etwas Besonderes schaffen kann und dadurch einen Wert habe. Deshalb ist die Entwicklung von Fähigkeiten, von Kompetenzen so wichtig auf der Arbeit. Gleichzeitig hilft es, den Sinn der Arbeit deutlich zu machen. Warum machen wir das? So trägt man als Führungskraft zum Glück des Mitarbeiters bei.

Kontrolle: Bedeutet das ich das Gefühl habe, ich bestimme selbst über mein Leben. Ich bestimme die Zeit, die Qualität und die Sachen, die ich mache. Deshalb macht Mikromanagement wenig Sinn. Menschen wollen so viel wie möglich selbst entscheiden. Und je mehr Sie entscheiden können, je besser ist es für die Motivation.

Ich bin ein Freund der bedürfnisorientierten Motivation. Führungskräfte sollten die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter kennen und lernen damit umzugehen. Denn nicht jeder Mitarbeiter lebt seine Bedürfnisse gleich aus. Wir sollten uns ganz besonders davor hüten von uns auf andere zu schließen. Fragen sie besser nach und seien Sie aufmerksam.

Disziplin

Eine herausragende Eigenschaft des Menschen ist, für Glück auch Stress, Schmerz oder Mangel in Kauf zu nehmen. Wir verschieben das Glück sozusagen auf später. So üben wir lange, um ein Musikstück perfekt spielen zu können und quälen uns durch die Übungen. Oder wir trainieren hart, um eine besondere sportliche Leistung zu erreichen. Wir verschieben quasi den Glücksmoment auf später in der Hoffnung ein noch besseres Glücksgefühl zu erhalten. Es klingt merkwürdig, aber gerade Menschen, die eine ausgeprägte Selbstkontrolle besitzen und es schaffen diese Glücksmomente aufzuschieben führen ein glückliches Leben.

Glückliche Menschen besitzen ein starkes Gefühl der Kontrolle und der Gestaltbarkeit, sie sind gerne mit anderen zusammen und verbunden, sie erleben Veränderungen als etwas Gutes und Chance zum Wachsen und tun eine Sache mit voller Hingabe. Probieren Sie es doch einfach aus. 

Wie Sie das erreichen? Meiner Erfahrung nach helfen die folgenden Dinge:
–   Kümmern Sie sich um Ihre Stärken und das, was Sie gut können
–   Setzen Sie sich Ziele und erreichen diese
–   Haben Sie Freunde und treffen diese regelmäßig
–   Seien Sie achtsam und tun alles mit Hingabe
–   Meditieren Sie täglich
–   Fangen Sie an ein Tagebuch zu führen und dokumentieren Sie Ihr Glück

Fokus für mehr Effizienz

Wir haben in unserem Kopf zwei unabhängige Systeme, die uns steuern. Daniel Goleman nennt das Eine bottom-up und ein top-down System (Daniel Kahnemann nennt sie System 1 und System 2). Das bottom-up System läuft auch unter der Bezeichnung Autopilot. Es steuert viele unserer Verhaltensweisen und Emotionen. Der Autopilot hat Zugriff auf Routinen und Glaubenssätze, die wir im Laufe des Lebens erlernt haben. Kommt durch unsere Sinne ein entsprechender Trigger, werden die passenden Routinen abgespult. Doch das Ganze passiert unbewusst und wir haben darauf keinen Einfluss. Das top-down System hingegen untersteht unserer bewussten Kontrolle. Hier können wir überlegen, abwägen und Entscheidungen treffen. Wir sind so in der Lage strategisch zu handeln.

Der Autopilot

Wenn wir uns nicht auf eine Sache konzentrieren, wird im Gehirn automatisch das sogenannte „Default Netzwerk“ aktiviert oder auch der Autopilot angestellt. Das geschieht immer zwischen zwei Aufgaben, oder wenn Sie nicht mehr aufmerksam sind, oder wenn wir von irgendetwas abgelenkt sind. Messungen haben ergeben, das dieser Zustand, bei den meisten Leuten, mehr als 50% der Zeit einnimmt. Die meiste Zeit beschäftigt das Default-Netzwerk sich mit sich selbst oder mit Stimuli, die einen Einfluss auf das eigene Leben haben können. Sie werden sich stärker bewußt, was Sie stört oder belastet. Das System sucht nach Hinweisen für eine Bedrohung. Sobald etwas Bedrohliches erkannt wird, wird der Körper in einen aktiven Zustand versetzt (siehe Stress & Angst). So kann er sich wehren oder flüchten. Das System ist dabei wie ein Hund, der mal hier und mal da schnuppert und rasend schnell zwischen verschiedenen Eindrücken wechselt.

Sie können diesen Zustand ganz einfach induzieren, indem Sie die Augen schließen und versuchen an nichts zu denken. Dann fangen Ihre Gedanken an zu wandern. Babies haben diese Fähigkeit ab der Geburt. Auch Sie können sich fokussieren und mit einer Sache beschäftigen, sobald Sie damit aufhören, wird aber der Autopilot aktiv. Er reagiert schnell, ist sensibel Emotionen gegenüber und denkt nur sehr kurzfristig. Das System ist jedoch auch wichtig, wenn wir kreative Ideen benötigen. Es verarbeitet im Hintergrund auch das, was uns gerade umtreibt. Verknüpft verschiedene Informationen und schafft Möglichkeiten, die auf einmal in unser Bewusstsein kommen. Das sind dann unsere AHA-Erlebnisse, in denen wir besondere Ideen haben.

Das Top-Down System

Um sich mit einer bestimmten Aufgabe beschäftigen zu können, werden Aktivitäten im medialen präfrontalen Kortex durch den ventrolateralen Kortex gehemmt. Er sitzt genau hinter der rechten und linken Schläfe. Er kann kognitive, emotionale und motorische Reaktionen unterbinden und kontrolliert die Aktivität des Default Netzwerks. Dieses Top-Down System ist uns bewusst und unser Bewusstsein kann Einfluss darauf nehmen. Im Gegensatz zu dem Bottom-up System ist es langsam,

Das System wirkt wie eine Bremse neuronaler ungerichteter Aktivität. Aber, dieses System ist sehr energiehungrig. Man hat festgestellt, dass die Aktivität bei intensiver Nutzung abnimmt. Die Energiereserven müssen erst aufgefüllt werden. Jedesmal, wenn sie einen Impuls unterdrücken, ist es im Folgenden schwerer sich an etwas zu hindern. Ihre eigene Veto-Kraft wird geringer.

Wie kommt dann ein Fokus zustande? Der Präfrontale Kortex, also der hinter unserer Stirn, ist wesentlich an der Regulation unserer Aufmerksamkeit und unseres Verhaltens beteiligt. Ausfälle in dieser Region führen zu einer reduzierten Aufmerksamkeit, höherer Impulsivität, schlechterer Organisation und Planung. Die Funktion wird dabei durch Hormone Norepinephrin und Dopamin reguliert.

Fokus läßt sich lernen

Unser Autopilot möchte gerne unser Leben steuern. Wir können auch sagen, das unser Unterbewusstsein unser Leben gerne über nehmen möchte. Denn das ist äußerst Energie-effizient. Fokus kostet wesentlich mehr Energie. So gut Fokus auch ist, es gibt für unseren Kopf gute Gründe, ihn nicht zu nutzen. Allem Energieverbrauch zu Trotz, sich auf eine Sache zu konzentrieren, muss und kann man lernen. Man kann die Aufmerksamkeit bewusst in verschiedene Bahnen lenken, oder aber schleifen lassen. Fokus hilft uns, verschiedene Optionen zu überdenken, unterschiedliche Szenarien durchzuspielen und möglichst viele Informationen über ein Thema in Betracht zu ziehen. Fokus ist wie ein Muskel, den wir trainieren können. Je öfter wir ihn nutzen, je besser werden wir darin. Fokus ist wichtig für das bewusste Denken und hilft uns in den Flow zu kommen.

Flow ist ein Begriff der von Mihály Csíkszentmihály geprägt wurde. Er beschreibt einen Zustand, wenn Menschen ganz mit ihrer Arbeit verbunden sind. Zeit und Raum werden unwichtig und man ist quasi eins mit seiner Arbeit. Flow erreichen wir, wenn wir herausgefordert werden und wir all unsere Fähigkeiten einbringen müssen, um zu Lösungen zu kommen. Unsere ganze Konzentration gilt einem Ziel, wir lassen uns durch nichts ablenken.

Fokus und Multitasking

Fokussieren können wir uns nur auf eine kognitiv herausfordernde Aufgabe. Wir können keine zwei hochgeistige Aktivitäten auf einmal machen. In unserem präfrontalen Kortex ist nur Platz für eine Aufgabe. Multitasking ist nicht möglich. Wenn wir es versuchen, schalten wir einfach schnell zwischen zwei Aufgaben hin und her. Das bringt natürlich Verluste mit sich, sie werden langsamer. In der Tat hat man festgestellt, dass Menschen, die häufig versuchen Aufgaben nebeneinander zu erledigen langsamer mit der kognitiven Verarbeitung werden, egal ob sie Single-tasking oder Multitasking machen.

Multitasking geht aber doch! Routineaufgaben können Sie mit einer kognitiven Aufgabe kombinieren. Zum Beispiel Bügeln und Telefonieren, oder Auto fahren und überlegen. Weil Routineaufgaben von den Basalganglien übernommen werden, ist im Kortex Platz für andere Aufgaben.

Zu besonderer Berühmtheit ist Phineas Cage gelangt, als 1848 eine Explosion beim Eisenbahnbau eine Eisenstange seinen Kopf durchbohrte. Interessanter Weise gelangte er schnell zu Bewußtsein und konnte nach einigen Wochen wieder zur Arbeit gehen. Sein präfrontaler Kortex wurde jedoch in Mitleidenschaft gezogen. Freunde und Verwandte bemerkten schnell eine Veränderung. Er handelte irrational, war sehr harsch in seinen Bemerkungen und überaus launisch. Sein Kontrollzentrum war bei dem Unfall zerstört worden. Er konnte seinen Fokus nicht mehr richten oder sein Verhalten kontrollieren.

Fokus auf der Arbeit

Für unsere Arbeit hat das weitreichende Konsequenzen. Um effizient an einer Sache zu arbeiten, müssen wir uns Zeit nehmen. Bearbeiten Sie eine Aufgabe mindestens 15 Minuten lang sehr konzentriert, denn erst dann ist Ihr Gehirn warm gelaufen. Schalten sie Störungen wie Telefon und Handy aus, wenn Sie konzentriert arbeiten wollen. Nach jeder Störung muss sich Ihr Gehirn neu einarbeiten, Sie verlieren wertvolle Zeit. Und versuchen Sie erst gar nicht mehrere Aufgaben auf einmal zu erledigen. Das funktioniert nicht. Was dabei hilft ist ein aufgeräumter Schreibtisch auf dem nur ein Vorgang liegt. Und so gut auch eine „Open door“ Policy ist für die Kommunikation, ab und zu braucht man auch mal Ruhe, um wichtige Dinge bearbeiten zu können. Versuchen Sie öfter in den Flow zu kommen, aber geben Sie ihrem Default Netzwerk auch Raum für Ideen. In der Balance beider Systeme liegt die Kraft und die Effizienz.

Literatur

D. Kahnemann, Schnelles Denken, langsames Denken; Penguin Verlag 2016

D. Goleman, Focus; Harper 2014

Mihaly Csikszentmihalyi, Flow. Das Geheimnis des Glücks, Klett-Cotta 2019

Stress und Angst

Stress ist eines der größten Probleme in der Arbeitswelt

Dauerstress ist für die meisten Menschen in Deutschland normal. Krankenversicherungen schätzen, das mindestens 20% (eher 30%) aller Deutschen permanent erschöpft sind. Sie glauben den vielen Anforderungen nicht mehr Herr zu werden und kommen aus dem Stress nicht mehr raus. In den meisten Firmen wird Stress als etwas vollkommen Normales gesehen. Viele glauben, dass Druck ein zuverlässiges Mittel ist, um Menschen zum Handeln zu bewegen. In der Tat, kann man mit Druck und Angst einen Menschen dazu bringen, etwas zu tun. Wenn Angst jedoch die Triebfeder ist, arbeitet man mit Widerwillen und ohne Motivation. So wird Leistung und Kreativität ganz dramatisch gesenkt. Das Gehirn ist im Dauerstress nicht leistungsfähig, denn die Energie wird in den Körper gepumpt. Wir sind pessimistischer, gereizter und fokussieren auf Probleme statt Lösungen. Stress ist somit der Leistungskiller Nr. 1 und bewirkt genau das Gegenteil, von dem was Firmen und Chefs wollen.

Heutzutage sind die Stressauslöser psychischer Natur

Angst ist ein schlechter Ratgeber, sagt man. Da ist etwas dran. Angst entsteht immer dann, wenn wir keinen befriedigenden Ausweg aus einer bedrohlichen Situation kennen. Und als Bedrohung empfinden wir nicht nur den Tiger oder den Verbrecher mit vorgehaltener Pistole. Bedrohungen sind in unserer Zeit subtiler geworden. Früher war der Bär oder der Mann mit dem Messer eine reale physische Bedrohung. Damit wir gegen diese physische Bedrohung etwas machen konnten, musste unser Körper, so schnell wie möglich in einen Zustand kommen, der einen Gegenangriff oder eine Flucht ermöglicht. Im Körper mussten Energien freigesetzt werden, um Leistung zu bringen. Heute sind die stressauslösenden Faktoren psychischer Natur. Das kann die EMail eines Kollegen oder Kunden sein, oder aber die heranrückende Deadline des Projekts. Besonders sensibel sind wir gegenüber Gesichtern. Schon das unwirsche Gesicht des Chefs oder eine kleine abfällige Zuckung wird als Bedrohung interpretiert und bewirkt Angst und Stress. Überlegen wir uns mal, wie oft so etwas geschieht, dann können wir uns gut vorstellen, warum die meisten von uns im dauergestressten Zustand sind.

Kortisol ist hilfreich, aber nicht immer

Wenn wir Angst haben, dann kommt es zuerst zu einer Reaktion des Nervensystems. Über den Sympathikus wird unser Körper in einen leistungsbereiten Zustand versetzt. Der Herzschlag und der Blutdruck steigen und die Körpertemperatur geht nach oben. Das geht rasend schnell. Wir können das manchmal bemerken, wenn wir uns erschrecken und ein Schauer durch unseren Körper läuft. Hat unser Gehirn keine Strategie parat, um mit der Situation umzugehen kommt es zum zweiten Schritt. Dann werden Hormone entlassen und das Nebennierenmark schüttet Kortisol und Adrenalin aus. Das bewirkt einen weiteren Anstieg unserer Herzschlages, eine erhöhte Temperatur, Zuckerausschüttung ins Blut und Schweißproduktion. Das ist notwendig, damit unser Körper sofort Höchstleistungen vollbringen kann. Weglaufen zum Beispiel, wenn wir in Gefahr sind.

Kortisol hat im Körper verschiedene Funktionen. Morgens hilft es uns beim Wach werden. Nachts übernimmt das Hormon Melantonin die Regentschaft und läßt uns schlafen und entspannen. Wird es morgens hell, dann steigt die Kortisolausschüttung und kurbelt unseren Kreislauf an. Es ist wichtig, damit wir in die Pötte kommen und Dinge anpacken. die Kortisolkonzentration hat jedoch einen optimalen Punkt. An diesem Punkt sind wir besonders leistungsbereit. Wird durch viele bedrohliche Situationen jedoch weiter Kortisol ausgeschüttet, dann wird dieser optimale Level schnell überschritten. Eine hohe Menge an Kortisol führt zu Stress. Die Folge sind eine verminderte kognitive Leistungsfähigkeit und eine geringere Kreativität. Unser Kortex wird heruntergefahren und wir können nicht mehr richtig denken oder gute Entscheidungen treffen.

Sehr hohe Kortisolkonzentrationen haben einen hemmenden Einfluss auf das Wachstum von Hirnzellen. Besonders Zellen im Hippocampus sterben durch zu hohe Konzentrationen ab. Da der Hippocampus maßgeblich an der Speicherung von Informationen beteiligt ist, kann man sich gut vorstellen, dass durch Stress auch das Gedächtnis leidet.

Im Stress greifen wir auf uralte Verhaltensmuster zurück

Bei Stress wird die Energie, die vom Hirn dringend gebraucht wird, abgezogen und für die Fluchtreaktion bereitgestellt. Der Körper benötigt die Energie, das Gehirn ist jetzt nicht so wichtig. Was auch logisch ist. Wenn man einem Säbelzahntiger gegenüber steht, dann muß man nicht nachdenken, sondern rennen oder kämpfen. Wir büßen so eine Großteil unserer kognitiven Fähigkeiten ein.

Was machen wir dann? Wenn wir nicht mehr richtig überlegen können und und unser Kortex nicht mehr funktioniert? Zum Glück hat das Gehirn noch ein paar alte Reaktionsprogramme auf die es zurückgreifen kann. Diese befinden sich in den Basalganglien, unserem Routinespeicher. Hier sind alle Routinen gespeichert, die wir ohne Bewusstsein ausführen können. Sie laufen in unserem Unterbewusstsein ab. Die drei Programme sind Flucht, Kampf oder Erstarren. Dabei ist es abhängig von der Situation und den Erfahrungen der Person, welche Strategie eingeschlagen wird. Im Falle von Flucht, verschwinden die Personen einfach, beim Kampf werden Sie einen Streit entfachen, während erstarrende Menschen einfach gar nichts machen. Sie versuchen möglichst regungslos die Situation zu überleben.

Unser Stress-Körper-Bewusstsein muss größer werden

Weil wir jedoch nur wenig Bewusstsein für unsere Leistungsfähigkeit haben, bemerken wir den Unterschied nicht. Und deshalb nehmen wir Stress auch nicht als allzu große Belastung war. Er gehört mittlerweile schon zum Leben. Die meisten Menschen bemerken zwar den Druck und fühlen Stress. Sie bemerken aber nicht, wie der Stress ihren Kopf lähmt. Das liegt auch häufig daran, das wir versuchen ihn zu ignorieren. Es hat sich in unser Unterbewusstsein die Denkweise eingeschlichen „Wenn wir ihn nicht bemerken, dann ist er auch nicht da“. Das ist leider ein Trugschluss. Viele Menschen rennen so in einen Burn-out und sagen dann „Ich hab es nicht kommen sehen“.

Ich plädiere deshalb für ein besseres Körperbewusstsein. Zwei Dinge funktionieren bei mir ganz gut, um das Bewusstsein zu stärken. Eine Übung ist recht einfach. Ich nehme mir ein paar Minuten Zeit und frage mich „Was fühle ich gerade?“. Dazu versuche ich die richtigen Begriffe für die Gefühle zu finden und sie mir laut zu sagen (Zum Beispiel „Ich fühle mich gerade klein, wütend, vernachlässigt“). Das ist gar nicht so einfach, weil es uns meist nur GUT oder SCHLECHT geht. Die richtigen Worte zu finden, fällt uns schwer und wir müssen das üben und lernen. Je mehr wir das machen, je besser wird unser Bewusstsein für unseren körperlichen Zustand. Je besser wird aber auch unsere emotionale Kontrolle. Es gibt einige Untersuchungen, die zeigen, das ein lautes Aussprechen des emotionalen Zustands, die Aktivität der Amygdala, um bis zu 50% senkt.

Eine andere Möglichkeit mit Stress umzugehen und mehr Körperbewusstsein zu entwickeln ist der Body-Scan. Das ist eine Meditationsform, bei der man Stück für Stück in seinen Körper hineinfühlt und bemerkt was sich dort gerade tut. Prickelt es, zieht es oder ist es dort besonders warm oder kalt. Es gibt dazu einige Anleitungen im Internet und einiges an Literatur. Am besten erscheint es mir aber, einen MBSR (Meditation based Stress reduction) Kurs zu machen. Der dauert 8 Wochen und es gibt in in jeder größeren Stadt. Man lernt viele verschiedene Meditationsformen, die nachweislich einen positiven Effekt auf die Stressreduktion, die Stärkung des Immunsystems und die Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit haben.

Können wir sonst etwas gegen den Stress tun? Während die oben genannten Übungen eher mentaler Natur sind, können wir uns auch um unseren Körper kümmern und aktiv den Gegenspieler des Sympathikus, den Parasympathikus aktivieren. Der Sympathikus ist ja für die Aktivierung des Körpers verantwortlich, der Parasympathikus für die Entspannung. Der Parasympathikus ist während des Schlafens aktiv – das ist eine unserer besten Möglichkeiten zum Entspannen. Leider aktivieren wir oft aktiv unseren Sympathikus und schlafen dann schlecht. Schlaf-forscher geben deshalb folgende Empfehlungen

  • dunkles Schlafzimmer (denn Licht aktiviert den Sympathikus)
  • Kein Essen vor dem Schlafen
  • Kein Alkohol vor dem Schlafen
  • aufreibende Filme vermeiden
  • keine Emails oder andere Arbeiten am Computer
  • emotional stimulierende Aktivitäten vermeiden

Manchmal schlafen Menschen auch 8 Stunden, fühlen sich aber trotzdem wie gerädert. Schuld ist daran, das der Körper aufgrund der Sympahtikus-Aktivität nicht zur Ruhe kommt. Gehen Sie am besten zu einem Schlafspezialisten, der kann die Aktivitäten gut messen und noch weitere Tipps für einen gesunden Schlaf geben.

Ansonsten bin ich fest davon überzeugt, das es gut ist Sport zu machen, um Stress abzubauen. Das erhöht die Resistenz gegen Kortisol-spitzen und beschleunigt den Abbau. Daneben hilft Sport bei der Bildung von neuen Nervenzellen und stärkt das Immunsystem. Ich denke, Sie haben es gemerkt: Dem Stress zu begegnen ist nicht auf eine Technik begrenzt. Wir sollten verschiedene Techniken kombinieren und austesten was uns gut tut.

Literatur

Grawe, K., 2004. Neuropsychotherapie. s.l.:Hogrefe.

LeDoux, J., 2001. Das Netz der Gefühle. s.l.:Deutscher Taschenbuch Verlag.

Hüther, G., 2012 Biologie der Angst. Wie aus Streß Gefühle werden (Sammlung Vandenhoeck)

Feinstein, J; The Human Amygdala and the Induction and experience of fear; Current Biology 2011

Damasio, A.; Der Spinoza Effekt. Wie Gefühle unser Leben bestimmen. List Taschenbuch 2004

Gehirn: zelluläre Grundlagen

Das Gehirn ist sehr komplex und viele Geheimnisse seiner Funktionsweise wurden in den letzten Jahrzehnten entschlüsselt. Es ist zwar noch längst nicht alles bekannt, aber  für ein besseres Verständnis von Führung ist es sinnvoll, die biologischen und chemischen Grundlagen zu kennen. Ich halte mich hier bewusst kurz. Ausführliche Informationen zur Funktionsweise des Gehirns erhalten Sie in den entsprechenden Lehrbüchern der Neurowissenschaften. (Mir gefällt das Buch „Neuroscience“ von Mark Baer (Baer, 2015) als Einführung recht gut.)

Das Gehirn besteht aus Nervenzellen.

Das Gehirn ist sicherlich das komplexeste Gebilde, daß wir in unserem Körper haben. Je nach Körperbau ist es unterschiedlich groß. Im Durchschnitt wiegt es zwischen 1,2 und 1,6 Kilo. Die Größe des Gehirns hat jedoch mit der Intelligenz wenig zu tun. Albert Einsteins Gehirn zum Beispiel war, trotz seiner überragenden Intelligenz, kleiner als der männliche Durchschnitt. Wichtiger scheint die Qualität der Netzwerke zu sein, die von den Nervenzellen gebildet werden (Haier, 2007).

Das Gehirn besteht, wie alle unsere Organe, aus Zellen. Diese Zellen sind hoch spezialisiert. Die zwei Haupttypen von Zellen in unserem Gehirn sind Nervenzellen und Gliazellen. Nervenzellen sind in ihrer Funktionsweise am besten untersucht. Im Prinzip erhält jede Nervenzelle Signale von anderen Nervenzellen und leitet die Signale an andere Nervenzellen weiter. Gliazellen umgeben die Nervenzellen und dienen der Versorgung der Nervenzellen aber auch der Geschwindigkeitserhöhung der Signalweiterleitung. Zudem mehren sich Anhaltspunkte, dass Gliazellen auch bei der Informationsverarbeitung beteiligt sind. Wie genau, das muss die Forschung in Zukunft klären.

Die Menge an Nervenzellen im Gehirn ist riesig. Die meisten Artikel verweisen ohne Quellenangabe afu eine Zahl von 100 Milliarden Nervenzellen. Prof. Herculano-Houzel (Herculano-Houzel, 2009) korrigiert diese Zahl etwas nach unten und landet bei 86 (+/- 8) Milliarden Nervenzellen. Die Menge an Gliazellen wird häufig auf ein Vielfaches der Nervenzellen taxiert, ohne dafür die entsprechenden Artikel anzugeben. In dem Artikel (Herculano-Houzel, 2009) kommen Sie jedoch auf eine Zahl von 84 (+/-9) Milliarden. Was man auf jeden Fall korrigieren muss ist das Gleichsetzen der Menge an Nervenzellen im Hirn mit der Anzahl von Sternen im Universum. Die wird jedoch auf 400 Milliarden geschätzt, ist also noch wesentlich größer. Egal wem man glaubt, die Zahl von Nervenzellen und Gliazellen in Ihrem Hirn ist auf jeden Fall riesig. Und das ermöglicht letztlich die Verarbeitung von komplexen Informationen.

So sehen Nervenzellen aus

Es gibt viele verschiedene Typen von Nervenzellen, die unterschiedliche Strukturen aufweisen. Es gibt Motoneuronen, die Muskelzellen aktivieren. Es gibt sensorische Neuronen, die verschiedene Signale erfassen und weiterleiten, neuroendokrine Neuronen, welche Hormone ausschütten können, Interneurone mit kurzem Axon und andere mit langem Axon. Die grundsätzliche Struktur und Funktionsweise ist jedoch immer gleich.

NervenzelleSchema

Vom Zellkörper aus gehen hunderte kleiner Fortsätze aus. Diese nennen wir Dendriten. Des Weiteren gibt es neben den Dendriten einen langen Fortsatz, der sich am unteren Ende auf zweigt. Dies ist das Axon. Die vielen Verästelungen der Nervenzellen, dienen dem Aufbau eines Netzwerkes. So kann sich eine Nervenzelle mit vielen anderen Nervenzellen verbinden. Der Signaleingang findet an den Dendriten statt, wird über das Axon weitergeleitet und über die Verästelungen des Axons weitergeleitet.

Wie kommt es zur Signalübertragung?

Die Enden dieser Verzweigungen sind kleine Knubbel, die an andere Nervenzellen angrenzen. Diese kleinen Verbindungsstellen zwischen Nervenzellen nennt man Synapsen. An den Synapsen passiert etwas Erstaunliches. Die ankommenden Signale werden durch ein ausgeklügeltes System übertragen. Das Signal, das über die Zellmembran geleitet wird, ist ein elektrisches Signal. Es entsteht durch die ungleiche Verteilung von Ionen die durch die Zellmembran getrennt sind. Durch die Öffnung von spannungsabhängigen Kanälen können die Ionen auf die andere Seite gelangen und das Potential ändert sich. So ein Signal, man nennt es auch Aktionspotential, wird am Zellkörper gebildet und über das Axon zu anderen Nervenzellen geleitet. An der Synapse wird das elektrische Signal in ein chemisches Signal umgewandelt. Erreicht ein Aktionspotential die Synapse, dann werden Kanäle aktiviert, die zu einem Einstrom von Calcium Ionen führen. Der kurzfristige Einstrom bewirkt, das sich einige, der mit Neurotransmitter gefüllten Vesikel, in der Synapse mit der Zellmembran verschmelzen und den Neurotransmitter in den synaptischen Spalt abgeben. Die Neurotransmitter gelangen zur anderen Seite und können dort an Neurotransmitterrezeptoren binden. Bei Bindung wird wieder durch die Öffnung eines Natrium/Kalium-Ionenkanals ein elektrisches Signal generiert und dieses wieder weiter geleitet.

SynapseSchema

Es gibt viele unterschiedliche Transmitter im Gehirn. Die klassischen Transmitter sind Glutamat, GABA, Dopamin, Adrenalin, Acetylcholin oder Glycin. Wichtig ist hier zu bemerken, dass es sowohl Transmitter gibt, welche Signale generieren (Dopamin, Glutamat, Adrenalin) als auch solche, die Signale hemmen (Glycin. GABA). Das ist wichtig, denn nur durch das Zusammenspiel von aktivierenden und hemmenden Signalen kommt es zur Informationsverarbeitung. Hier mal ein vereinfachtes Beispiel: Denken Sie doch an Ihre Konzentration. Wie oft möchten an etwas arbeiten, aber ständig schießen uns andere Gedanken durch den Kopf und lenken uns ab. Wir können uns besser konzentrieren, je besser dieser Gedankentrigger gehemmt werden kann. Dazu sind die hemmenden Synapsen wichtig. Wir können den Aufbau dieser Synapse sogar trainieren und dadurch unsere Konzentration stärken. Mehr dazu unter „Mit Fokus Überlastung abbauen“

Die Festigung von bestehenden Synapsen

Je öfter man etwas wiederholt, je besser kann man sich etwas merken. Offensichtlich funktionieren die Netzwerke, die das Gehirn dazu benutzt immer ein Stückchen besser. Daran beteiligt ist ein Prozess, der Synapsen festigt, je öfter sie benutzt werden Er nennt sich „Long Term Potentiation“ oder LTP. Er funktioniert folgendermaßen: An einer Synapse bei der Glutamat der aktivierende Neurotransmitter ist, befinden sich zwei unterschiedliche Glutamat-Rezeptoren auf der Seite der Synapse, die das Signal erhält (Postsynapse). AMPA Rezeptoren werden schnell durch Glutamat aktiviert und es wird ein Signal ausgelöst. NMDA-Rezeptoren werden durch Magnesium blockiert und dann geöffnet wenn es zu einer Signalgenerierung kommt. Durch diese Rezeptoren fließt Kalzium. Je länger und öfter nun diese Synapse stimuliert wird, je mehr Kalzium kann in die Zelle fließen. So wird ein Signalsystem aktiviert, das zum Bau neuer Proteine anregt, welche die Synapse verstärken. Häufige Nutzung führt also zu einer Verstärkung der Synapse, die dadurch leichter erregbar ist. Des Weiteren führt dieser Prozess zum Aufbau neuer Synapsen in der Umgebung der aktivierten Synapse. Laut Nobelpreisträger Eric Kandel (Kandel, 2006) ist dieser Prozess wichtig für das langfristige Lernen.

LTPSchema

So arbeiten die Nervenzellen zusammen

Jede Nervenzelle ist über die Synapsen mit 1000-10000 anderen Nervenzellen verbunden und leitet an diese Signale weiter oder hemmt die eingehenden Signale. Das einzelne Neuron ist jedoch nicht wichtig. Bedeutungen und Informationen ergeben sich erst durch die Aktivierung von Netzwerken bzw. gleichzeitig aktivierte Neuronen. Es kommt auf das Muster der aktiven Neurone an. Hebb (Hebb, 1949) hat hier eine wichtige Regel aufgestellt, die sich in Versuchen vielfach bestätigt hat. „Cells that fire together wire together“ bedeutet so viel wie „Zellen die zusammen feuern wachsen zusammen“. Wenn wir also einen Stuhl sehen, dann feuern bestimmte Winkel, Farben, Kanten, Kontraste, Umrisse bestimmende Nervenzellen mit Nervenzellen, die diese simplen Informationen zusammen fügen. Nervenzellen arbeiten in Netzwerken und Hierarchien zusammen. Die Signale aus einfachen Mustern werden mit komplexen Zellen und dann noch weiter zu hyperkomplexen Zellen verbunden, so das immer komplexere Muster identifiziert werden können. Und so entstehen aus Farben, Winkeln usw. Gegenstände wie Tische, Stühle oder Gesichter, die auch wieder durch Neurone repräsentiert werden können. An einer simplen Repräsentation wie einem Tisch oder Stuhl sind wahrscheinlich schon tausende von Nervenzellen beteiligt. Und aus den verschiedenen Gegenständen, Gesichtern und Umgebungen werden Situationen, die rasend schnell vom Gehirn analysiert und bewertet werden. Und so gibt es zu jeder Situation auch eine bestimmte Ausstattung an Emotionen und Gefühlen.

Das hat für unsere  Wahrnehmung Konsequenzen. Denn wenn wir bestimmte Dinge zusammen wahrnehmen und erleben, dann werden Sie auch zusammen gespeichert. Haben wir an einem Ort im Park ein schlechtes Erlebnis, so wird im Kopf dieser Ort sehr wahrscheinlich negativ belegt sein. Haben wir auf der Arbeit negative Erfahrungen, dann passiert das gleiche. Wir können aber auch positive Erfahrungen machen, und die Umgebung dazu wird positiv assoziiert.

Für die Führung ergibt sich hier eine wichtige Frage: „Wollen wir die Arbeit zu einem Ort der positiven Gefühle oder der negativen Gefühle machen“? Und wenn wir Sie zu einem Ort der positiven Emotionen machen wollen, – wie machen wir das?

Literaturverzeichnis

Baer, M., 2015. Neuroscience: Exploring the Brain. 4 Hrsg. s.l.:Lippincott Williams&Wilki.

Davidson, R., 2016. The Emotional Life of Your Brain. s.l.:Goldmann.

Drevets, W. C., 2008. The Subgenual Anterior Cingulate Cortex in Mood Disorders. CNS Spectr, 13 8, p. 663–681.

Grawe, K., 2004. Neuropsychotherapie. s.l.:Hogrefe.

Hebb, D., 1949. The organization of behavior. A neuropsychological theory. s.l.:Erlbaum.

Kandel, E., 2006. Auf der Suche nach dem Gedächtnis. Die Entstehung einer neuen Wissenschaft des Geistes.. s.l.:Siedler.

LeDoux, J., 2001. Das Netz der Gefühle. s.l.:Deutscher Taschenbuch Verlag.

Maguire, E. A., 2011. Acquiring “the Knowledge” of London’s Layout Drives Structural Brain Changes. Current Biology, 20 12, p. 2109–2114.

S., H.-H., 2009. Equal numbers of neuronal and nonneuronal cells make the human brain an isometrically scaled-up primate brain.. J Comp Neurol., 10 Apr , pp. 532-41.

Squire, L., 2009. The legacy of patient H.M. for neuroscience. Neuron , 1, pp. 6-9.